Gärtner, insbesondere Kleingärtner stehen aktuell gerade in der Kritik zu viel (Leitungs-)Wasser zu verschwenden. Die Flüsse sind ausgetrocknet, die Wälder brennen und jeder wird dazu angehalten Wasser wo möglich zu sparen. Vielen erscheint es daher unverständlich das kostbare Wasser für ein paar Blumen und einen grünen Rasen zu verschwenden. Dabei erhalten wir nur ein Ökosystem lebendig, das auf lange Sicht Wassersparend und nachhaltig ist.
Kerstin Barton
Bei uns wird nur mit Regenwasser gegossen. Eigentlich. Wir haben bei uns im Garten die Kapazität rund 1.300 Liter Regenwasser aufzufangen und zu speichern. Dieses wird dann mühsam mit der Gießkanne auf Beete, Büsche und Bäume verteilt. Doch die Fässer sind seit Mitte Juli leer. Was seitdem an Niederschlag aufgefangen wurde, war kaum der Rede wert und konnte nicht einmal die Hälfte unserer Gießkannen füllen. Daher bleibt uns aktuell nichts Anderes übrig, als zum Wasserschlauch zu greifen. Das machen wir aber nicht, damit wir uns jede Woche einen frischen Strauß Dahlien in die Wohnung stellen oder mit einem vorzeigbaren Golfplatz-Rasen angeben können, sondern um eine Lebensgrundlage zu erhalten. Denn unser Garten ist Lebensraum und Lebensquelle; aber nur solange er selbst lebendig bleibt.
Das Ökosystem braucht Wasser
Wenn ich jetzt im August durch den Garten gehe, stehe ich buchstäblich im blühenden Leben. Die Fetthenne (Sedum) ist kurz vorm Erblühen und bereits jetzt tummelt sich auf ihr schon gefühlt ein halber Bienenstock. Eine Etage tiefer finden die Vögel ein schattiges Versteck vor der Hitze und das Fallobst bietet Insekten jeglicher Art, leider vorzugsweise Wespen, eine Quelle für Nahrung und Flüssigkeit. Die Pflanzen brauchen eine mehr oder weniger stabile Wasserversorgung, um Fotosynthese betreiben, Kohlenstoff auf- und Sauerstoff abgeben zu können. Das alles ist Teil eines funktionierenden Ökosystems. Deshalb kann die Antwort auf die Frage, ob man seinen Schrebergarten bei drohender Wasserknappheit unbedingt mit Leitungswasser gießen muss nur „ja“ lauten.
Ressourcen sparen dank Selbstversorgung
Denn der Garten ist auch für mich eine Lebensgrundlage. Es wäre doch eine viel größere Verschwendung von Ressourcen, das in den vergangenen Monaten gezogene und gepflegte Obst und Gemüse jetzt kurz vor der Ernte vertrocknen zu lassen. Wir können von den Erträgen, die uns unser Kleingarten bietet, leben. Die Fülle an Obst und Gemüse reicht nicht nur für einen Beilagen Salat zwischendurch, sondern liefert uns im Sommer täglich eine Hauptmahlzeit. Das, was übrigbleibt und nicht verbraucht werden kann, weil einem Zucchini und Kohlrabi irgendwann zu den Ohren herauskommen, wird eingekocht, eingefroren oder so verarbeitet, dass man sich auch dann noch davon ernähren kann, wenn die Saison längst vorbei ist. Mehr Bio als die selbst angebauten Produkte aus dem Garten geht nicht. Ich weiß, auf welche Art und Weise unsere Produkte gewachsen sind. Chemische Dünger, Pestizide, Glyphosat verstoßen nicht nur gegen die Gärtner-Ehre, sondern würden uns nur selbst vergiften. Frischer und regionaler kann ich mich nicht ernähren. Hinzukommt, dass ich mir die Saison für das jeweilige Gemüse bewusstmache. Tomaten oder Himbeeren im Mai gibt es in Deutschland nicht, kann ich also im Supermarkt links liegen lassen. Im Sommer gibt es sie Wasser- und CO2-sparend aus eigenem Anbau im Garten. Ich muss einfach nur ein wenig darauf warten. Wieso stehen wir Gärtner dann aktuell in der Kritik, zu viel Wasser zu verschwenden, wenn es völlig legitim ist, nicht saisonale Produkte das ganze Jahr über im Super- oder Biomarkt kaufen zu können? Die mit Leitungswasser bewässerten Tomaten, die ich morgen aus meinem Garten ernte, haben doch einen deutlich besseren Ressourcenverbrauch, als diejenigen, die aus regionalen oder überregionalen Anbaugebieten, umfänglich bewässert, in den Supermarkt um die Ecke transportiert werden.
Ressourcen gezielt einsetzen
Das Gießen mit Trinkwasser ist aktuell die einzige Möglichkeit, den Garten am Leben zu halten. Allein schon aufgrund der Wasserrechnung am Jahresende würden wir nie auf den Gedanken kommen, mehr als absolut notwendig mit dem Wasser aus der Leitung zu gießen. Anders als die kommerziellen Gemüsefelder und Treibhäuser wird bei uns punktuell bewässert. Das wenige Wasser, dass noch aus dem Brunnen gepumpt werden kann, wird mit der Gießkanne im Gewächshaus verwendet. Die Blumen- und Gemüsebeete gezielt mit dem Wasserschlauch gespeist. Rasen, Bäume und Sträucher sind robust, die kommen auch mal ohne Wasser klar. Kleingärtnern ist nicht nur „Schöne Blumen pflanzen und den Grill anschmeißen“. Kleingärtnern ist ein Lifestyle: Sich der Herkunft und dem Anbau von Produkten bewusstmachen, Ressourcen gezielt einsetzen. Für die Umwelt selbst zu ackern, um von ihr zu leben und eine funktionierende Gemeinschaft erfahren.
Dazu:
- Schrebergarten: Das gesellschaftliche Biotop
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