Seit diesem Jahr demonstrieren die Anhänger der Maria 2.0-Bewegung für die Gleichstellung von Mann und Frau in der katholischen Kirche, dem letzten Patriarchat der westlichen Welt, in dem Chancengleichheit, Gleichberechtigung von Mann und Frau konsequent verwehrt bleibt. Doch auch fernab der kirchlichen Debatten zieht sich das Streben nach Gleichbehandlung wie ein roter Faden durch den Alltag. Dabei gehen jedoch Intention und Folge der Gleichstellungsbürokratie getrennte Wege.
Laut Grundgesetz Artikel 3 sind Männer und Frauen gleichberechtigt und dürfen aufgrund ihres Geschlechts auch nicht benachteiligt werden. Und doch wird suggeriert, dass die Ungleichheit und insbesondere die Benachteiligung der Frau hinter jeder Ecke lauern. Angefangen bei den finanziellen Verhältnisse: In Deutschland liegt der Lohnunterschied zwischen Mann und Frau bei rund 22%. Frauen verdienen brutto somit knapp 4 Euro weniger als Männer.
„Unbereinigter“ und „bereinigter“ Unterschied
Das liegt jedoch nicht daran, dass Frauen für die gleiche Arbeit per se weniger Geld verdienen. Frauen entscheiden sich häufiger für einen Beruf in einer niedrigeren Lohngruppe, der nicht so große Aufstiegschancen bietet, dafür aber mit der Familienplanung vereinbar ist. Bescheidenheit in der Gehaltsverhandlung sowie Berufsauszeiten für die Mutterrolle liefern den Männern zusätzlich einen statistischen Vorsprung in Sachen Lohn. Bereinigt von Faktoren wie dem Einfluss von Geschlechtsunterschieden in der Ausbildung, Arbeitsstunden, unbezahlten Überstunden, Zahl der Kinder und anderen Faktoren liegt der Unterschied bei nur noch 2 bis 7 %.
Dabei erlangen mittlerweile viel mehr Frauen als Männer das Abitur und beginnen ein Hochschulstudium. Die Ausgangslage in Schule und Uni ist bei beiden Geschlechtern somit ausgeglichen. Dennoch haben fast alle öffentlichen Behörden, sozialen Einrichtungen und größeren Unternehmen einen Gleichstellungsbeauftragten – eine Position, die meist von Frauen ausgefüllt wird –, um die Gleichberechtigung und Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern. In der Praxis sieht dies meist so aus, dass sich die Angebote und Veranstaltungen gezielt an Frauen richten.
Betrachtet man beispielsweise die Gleichstellungsprojekte an Hochschulen NRW findet man dutzende Mentoring-, Koordinations- und Beratungsprogramme für weibliche Studierende, insbesondere in den naturwissenschaftlichen Fächern, in denen der Frauenanteil deutlich geringer ist. Außer dem ein oder anderen Boy’s Day sucht man jedoch vergeblich nach Projekten und Programmen, die männlichen Nachwuchs in Kunst- oder Erziehungswissenschaften fördern.
Bevorzugung statt Gleichstellung
Im Berufsalltag geht die Ungleichheit weiter. Doch nicht zugunsten der Männer, wie häufig suggeriert wird. In Stellenanzeigen findet sich häufig der Zusatz: „Bewerbungen von Frauen sind ausdrücklich erwünscht und werden entsprechend der gesetzlichen Regelung bevorzugt behandelt.“ Wo bleibt da die Gleichberechtigung? Sicherlich gibt es besonders in den MINT-Berufen und der Wirtschaft einen Überfluss an männlichen Fachkräften, den man durch die Frauenquote versucht auszugleichen.
Andererseits überwiegen in sozialen Berufen wiederum die Frauen. Eine gesetzliche Männerquote für Erzieher, Grundschullehrer oder Pfleger gibt es allerdings nicht. Da in Deutschland aber alle Augen auf die Wirtschaft gerichtet sind, hält sich der politische wie gesellschaftliche Aufschrei nach einer Gleichstellung von Männern in sozialen Berufen in Grenzen.
Der Umstand, dass sich Frauen immer noch häufig für einen sozialen „Frauenberuf“, die selbsternannten Ernährer der Familie aber für eine technische Arbeit entscheiden, liegt nicht daran, dass Mädchen auf einem handwerklich-technischen Berufsweg Steine in den Weg gelegt werden. Trotz Chancengleichheit und Emanzipation wird bereits bei der Kindererziehung auf jahrhundertealte geschlechter-spezifische Rollenmuster zurückgegriffen, werden dem Mädchen die Puppe, dem Jungen das Feuerwehrauto in die Hand gedrückt, um dann darüber zu lamentieren, dass Frauen lieber Erzieherinnen als Kfz-Mechatroniker werden wollen.
Hauptsache Männer-frei
Stattdessen werden ganz einfach Werkzeugkisten Rosa eingefärbt, um zu beweisen, dass Frauen genauso handwerklich begabt und technisch affin sind wie Männer. Um die Absurdität der Gleichstellungsbürokratie noch weiter auf die Spitze zu treiben, werden auf Parkplätzen extra breite Stellflächen zu Frauenparkplätzen deklariert, wodurch Männern für einige Plätze die Nutzung verwehrt bleibt. Männerparkplätze gibt es nicht, dafür dürfen Frauen die gewöhnlichen Plätze aber genauso nutzen. Auch bei anderen Alltagsaktivitäten stößt man immer wieder auf die Bevorzugung der Frau: Es gibt kaum ein Wellnessbad, das nicht mindestens einen Tag in der Woche eine Damensauna anbietet. Ein entsprechendes Angebot für die Herren bieten nur die wenigsten Örtlichkeiten an.
Die Forderung nach Gleichberechtigung hat in der Praxis zur Folge, dass Mann und Frau eben nicht gleichbehandelt oder gleichgestellt werden. Ein Mentalitätswechsel der alteingesessenen Rollenverständnisse lässt sich aber nicht innerhalb weniger Jahrzehnte mit einer Hauruck-Methode bewerkstelligen. Der Ansatz, Männer und Frauen durch Quoten, Parkplätze und „Männer-freie“ Freizeitangebote gleichzustellen hat eher zur Folge, dass die Frau dem Mann vorgezogen wird, was die Männer nach Jahrhunderten patriarchalischer Gesellschaftsordnung und Unterdrückung der Frau durchaus auch verkraften könnten.