Papst Franziskus soll 40 Tage lang vegan leben und möglichst viele dazu inspirieren, es ihm gleich zu tun. Die Kirchen und Naturschutzvereine rufen zu einem 40-tägigen Verzicht auf das Auto auf. Fasten liegt voll im Trend. Vor allem wenn man dabei noch etwas Gutes tun kann. Doch entsprechen diese Fastentrends überhaupt noch dem Sinn der österlichen Bußzeit?
Die Blue Horizon International Foundation hat die „Million Dollar Vegan Kampagne“ ins Leben gerufen und den Papst dazu aufgefordert, für die gesamte Dauer der Fastenzeit auf tierische Produkte zu verzichten. Dadurch sollen auf das Leid der Tiere und die klimatischen Auswirkungen der Massentierhaltung aufmerksam gemacht werden. Als „Belohnung“, wobei die Bezeichnung „Bestechung“ sogar noch angebrachter ist, soll Papst Franziskus eine Millionen Dollar für einen caritativen Zweck seiner Wahl erhalten. Die Kampagne hat bereits jetzt schon namenhafte Unterstützer, wie Ex-Beatle Paul McCartney oder die deutsche Popsängerin Nena. Die Aktivisten hoffen durch die Teilnahme von Papst Franziskus noch mehr Menschen zum Mitmachen zu bewegen.
Die nächste Social Media Challenge
Vegane Ernährung ist in den vergangenen Jahren, besonders bei der jüngeren Generation, immer populärer geworden. Sich vegan oder glutenfrei zu ernähren, ist längst Trend. Für alle, die diesem Trend noch nicht verfallen sind, bietet sich die zeitlich begrenzte Fastenzeit ideal dafür an, endlich auch auf den Zug aufzuspringen. Es klingt schon beinahe nach einer neuen Social Media Challenge. Neben der #icebucket- und #10yearschallenge folgt nun #40daysvegan. Am besten „teilt“ man seinen 40-tägigen Leidensweg dann noch auf seinen Social Media Kanälen und lässt so alle an seinem guten Beitrag für die Welt teilhaben. Und nach 40 Tagen Enthaltsamkeit freut man sich „tierisch“ auf die Ostereier. Die Idee hinter der Kampagne ist zweifelsohne nicht verkehrt, doch auf diese Weise wird der religiöse Aspekt des Fastens und der 40-tägigen Bußzeit aus dem Fokus genommen und stattdessen politische und gesellschaftliche „Missstände“ dort hinein platziert.
Buße für das Versagen der Politik
Gleiches gilt auch für das von den Kirchen proklamierte „Autofasten“. Sicherlich ist es sinnvoll, das Auto des Öfteren einmal stehen zu lassen und die 40 Tage Fastenzeit können eine gute Abgewöhnungsphase sein. Doch die Idee hinter dem Verzicht fungiert in gewisser Weise immer auch als eine Art schlechtes Gewissen. „Ich weiß, ich fahre zu oft mit dem Auto, deswegen versuche ich es jetzt, bewusst zu vermeiden.“ „Ich weiß, ich esse zu viel Fleisch und deswegen werde ich jetzt 40 Tage lang zum Veganer.“ Dabei ist der öffentliche Nahverkehr in einigen Teilen des Landes so unterentwickelt, dass die Leute dort alternativlos auf ihr Auto angewiesen sind. Natürlich essen wir alle zu viel Fleisch, doch die Kühltheken in den Geschäften überfluten uns regelrecht mit ihrem Angebot an Billigfleisch. Was also bringt es, wenn Papst Franziskus zum temporären Veganer wird und die alte Dame auf dem Land ihr Auto stehen lässt und die schweren Einkaufstaschen zu Fuß nach Hause trägt? Sie deuten auf Missstände hin, die nicht allein von den einzelnen Menschen beseitigt werden können, sondern vor allem politscher Veränderungen und Entscheidungen bedürfen.
Zeit der Umkehr
Daher machen solche Fastenaktionen nur Sinn, wenn sie auch noch nachhaltige Auswirkungen haben. Wenn ich einem Fastentrend folge, kann ich mich 40 Tage lang öffentlich als Gutmensch feiern lassen, weil ich durch meinen Verzicht das Leid der Tiere oder der Umwelt reduziere. Doch dies ist schnell vergessen, wenn ich nach Ostern wieder genau da weitermache, wo ich vor der Fastenzeit aufgehört habe. Die Fastenzeit soll eine Zeit der Buße und innerlichen Umkehr sein. Sie steht sozusagen zwischen zwei Phasen. Dem Alten und dem Neuen, welches mit Ostern, der Auferstehung Jesu, beginnt. Daher sollte die Fastenzeit als persönliche Reflexion verstanden werden, in der man für sich persönlich entscheidet, ohne welche Altlasten man in dieses „Neue“ starten möchte. Das entscheidende an der Fastenzeit und an Fastentrends ist nicht das Mitmachen, sondern das Bewusstmachen. Wenn ich mir das Tier- oder Umweltwohl bewusst mache und deshalb auf tierische Produkte oder das Auto verzichten möchte, dann braucht es dafür keine Kampagne, keinen Papst oder prominente Unterstützer und keinen #Hashtag. Fastenaktionen wie „Million-Dollar-Vegan“ oder „Autofasten“ verfolgen eine sinnvolle Idee: Menschen zu mobilisieren und sich für eine gute Sache einzusetzen. Allerdings ist die Gefahr groß, dass der religiöse Aspekt des Fastens zu sehr in den Hintergrund gerät und sie, im Fall der „Million-Dollar-Vegan“- Kampagne, zu stark kommerzialisiert werden. Dann sind die Fastentrends auch nichts weiter als gute Vorsätze, die man schnell wieder über den Haufen wirft. Wer wirklich im Sinne der Fastenzeit auf etwas verzichten möchte, sollte damit nicht hausieren gehen und nicht ein bestimmtes Ziel, wie das Fastenbrechen beim Osterbrunch,oder gar eine Belohnung anstreben. Papst Franziskus hat mittlerweile auf die „Million-Dollar-Vegan“ Kampagne geantwortet. Ob er nun aber die Fastenzeit vegan verbringen möchte oder nicht hat er ganz im Sinne des Aschermittwoch-Evangeliums unbeantwortet gelassen.
„Wenn ihr aber fastet, so sehet nicht düster aus wie die Heuchler […], damit sie den Menschen als Fastende erscheinen. […] Wenn du fastest, so salbe dein Haupt […], damit du nicht den Menschen als ein Fastender erscheinest, sondern deinem Vater, der im Verborgenen ist.“ (Matthäus 6:16- 18)
Denn wer trendfasten möchte oder sich selbst mit einem 40-tägigen Verzicht herausfordern will, kann dies schließlich an jedem beliebigen Tag anfangen und muss nicht erst bis zum Aschermittwoch warten.
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