Zypern – eine Insel zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Während Touristen die Strände genießen, bleiben einige Orte stille Zeugen einer Teilung, die seit 50 Jahren anhält. Einst als Übergangslösung gedacht, ist sie heute Normalität. Doch kann Stillstand eine Zukunft haben?

KI-generiert von DALL-E
Zypern ist eine Insel voller Gegensätze. Türkische und griechische Kultur treffen aufeinander, moderne Städte stehen neben jahrhundertealten Ruinen. Während an den Stränden Touristen in der Sonne liegen, gibt es Orte, an denen die Zeit vor genau 50 Jahren stehen geblieben ist. Wer durch die Geisterstadt Varosha geht oder den verlassenen Flughafen von Nikosia besucht, spürt sofort: Diese Insel trägt Wunden, die nie wirklich verheilt sind.
Eine Teilung, die zur Normalität wurde
1974 wurde die Insel geteilt. Nach einem von Griechenland unterstützten Putsch marschierte die türkische Armee in den Norden der Insel ein. Seitdem existieren zwei Realitäten nebeneinander: im Süden die international anerkannte Republik Zypern, im Norden die nur von der Türkei anerkannte Türkische Republik Nordzypern. Dazwischen liegt die sogenannte „Green Line“, eine von der UN kontrollierte Pufferzone. Diese Teilung sollte eine vorübergehende Lösung sein. Doch ein halbes Jahrhundert später ist sie immer noch da. Und sie prägt das Leben auf der Insel, oft subtil, manchmal ganz offensichtlich.
Nikosia ist die letzte geteilte Hauptstadt der Welt. Die Stadt wird von der „Green Line“ durchschnitten, die Süd- und Nordzypern trennt. Ein Symbol des Stillstands ist der einstige internationale Flughafen von Nikosia: Einst das Tor der Insel zur Welt, liegt er heute verlassen da. In der riesigen Abflughalle herrscht Stille, auf dem Rollfeld rostet ein altes Flugzeug. Statt Reisenden patrouillieren hier nur noch UN-Fahrzeuge.
Ein ähnliches Bild zeigt sich in Varosha. In den 1970er-Jahren war das Viertel von Famagusta ein beliebter Ferienort mit Luxushotels, Restaurants und Boutiquen. Dann kam die Invasion, die Bewohner flohen, und die Stadt verfiel. Jahrzehntelang war das Betreten verboten, bis 2020 einige Straßen für Besucher geöffnet wurden. Doch eine Zukunft des Stadtteils ist nicht in Sicht: Das Gebiet ist stark verfallen, viele Gebäude sind einsturzgefährdet, und noch immer sollen Minen verborgen liegen.
Stillstand ist keine Lösung
Das eigentliche Tragische an dieser Teilung ist nicht nur, dass sie existiert. Für die Menschen auf der Insel ist sie zur Normalität geworden. Eine ganze Generation ist aufgewachsen, ohne die Insel jemals als Einheit erlebt zu haben. Auf beiden Seiten der Grenze haben sich die Bewohner, aber auch Touristen, an den Status quo gewöhnt. Und während es immer wieder Verhandlungen gibt, bleibt ein Durchbruch aus.
Warum? Weil der Stillstand für viele einfacher ist als Veränderung. Eine Wiedervereinigung würde schwierige politische und wirtschaftliche Fragen aufwerfen. Es bräuchte Kompromisse, die auf beiden Seiten schmerzhaft wären. Also passiert was? Nichts.
Doch die Geschichte zeigt: Konflikte, die nicht gelöst werden, verschwinden nicht einfach. Sie bleiben bestehen, sie prägen Generationen, sie können jederzeit wieder aufflammen.
Zypern könnte mehr sein
Dabei könnte Zypern so viel mehr sein als eine geteilte Insel. Es könnte ein Symbol für Versöhnung sein. Ein Beispiel dafür, wie geteilte Gesellschaften wieder zusammenfinden. Doch das braucht Mut, politischen Willen und den Glauben daran, dass Veränderung möglich ist.
Die Alternative? Noch weitere Jahrzehnte Stillstand. Und Orte wie Varosha oder der Flughafen von Nikosia werden weiter als Mahnmale einer Teilung stehen, die längst hätte überwunden werden können.