Zillennials: Wie wir arbeiten, leben und denken

Unsere Redakteurin Lena Herrmann ist genau zwischen den Generationen Y und Z geboren. Laut Urban Dictionary gehört sie damit zur Randgruppe der „Zillennials“. In ihrer Kindheit und Jugend hat sie viele Einflüsse der Millennials mitbekommen, gleichzeitig aber auch die Prägung ihrer eigenen Mikrogeneration erfahren. Durch ihr Studium zählen immer mehr Gen Z’s zu ihrem sozialen Umfeld. Wie sie sich in dem Mix der Generationen fühlt und was sie aus den jeweiligen Generationen für sich persönlich, für ihr Leben, Arbeiten und Denken mitnimmt, schreibt sie im zweiten Teil ihrer „Zillennial“-Reihe.

Sam auf Pixabay

Als Zillennial wird mir immer mehr bewusst, wie unterschiedlich die beiden Generationen „Millennial“ und „Gen Z“ sind. Da ich für mein Alter relativ spät ein Studium begonnen habe, bin ich nun in Gesellschaft lauter Gen Z’s. In meiner Ausbildung, die ich direkt nach der Schule absolviert habe, hatte ich überwiegend mit gleichaltrigen Zillennials und Millennials zu tun. Mein Freundeskreis ist ein bunter Mix aus allen drei Generationen und das zeigt sich auch immer wieder in der Art, wie wir arbeiten, leben und denken.

Arbeit und der Sinn

Als ich im Jahr 2011 meine Ausbildung begonnen habe, war ich die jüngste in meiner Klasse. Die Gemeinschaft war eher gespalten, so wie ich es auch schon aus meiner Schulzeit kannte. Wenn ich beispielsweise nach den Hausaufgaben gefragt habe, weil ich diese mal wieder nicht gemacht hatte, wurden diese nur widerwillig von ein paar wenigen zum Abschreiben herausgegeben. Jeder war für sich und seinen Erfolg selbst verantwortlich.

In meinem ersten Job während der Ausbildung war ich unter anderem für die Mitarbeiter- und Kundenbetreuung verantwortlich. Über WhatsApp-Gruppen war ich 24/7 erreichbar und habe auch nach meiner Arbeitszeit gelegentlich Fragen beantwortet. Genauso war es bei einigen meiner Freunde. Wir hatten Spaß bei dem, was wir gemacht haben und deswegen haben wir es gern getan. Die Arbeit, die Millennials machen, muss vor allem Spaß machen und einen Sinn haben. Das Gehalt spielt dabei eher eine untergeordnete Rolle und Aufgaben werden auch mal mit nach Hause genommen. Hauptsache man liebt, was man tut, denn schließlich muss man genau das die nächsten 40 Jahre machen. Die Work-Life-Balance spielt aber trotzdem eine große Rolle. Dem Privatleben und den Hobbys wird mehr Zeit eingeräumt als bei den Generationen zuvor. Außerdem haben Millennials ein großes soziales Bewusstsein. Sie wollen einen positiven Einfluss auf die Welt nehmen und fühlen sich häufig von sozial verantwortlichen Unternehmen angezogen und unterstützen eher Projekte, die ihren Werten entsprechen.

Wenn ich das heute mit der Gen Z vergleiche, die ich in meinem Studium um mich herum habe, ist das Gemeinschaftsgefühl ein völlig anderes. Diese Generation ist vor allem respektvoll und tolerant, da sie multikultureller aufgewachsen ist als die Generationen zuvor. Sie sind damit aufgewachsen, dass alle Menschen gleich viel wert sind und jeder sein Recht darauf hat, er selbst zu sein. Egal ob verschiedene Ethnien, voll tätowiert und mit bunten Haaren, Piercings oder der Zugehörigkeit der LGBTQ+ Community. Jeder wird gleich behandelt und keiner ausgeschlossen. Hilfe bei Hausarbeiten bekommt man schon fast ohne zu fragen, weil jeder jedem helfen will und sich auch nicht davor scheut, selbst Hilfe in Anspruch zu nehmen. Diese Generation ist praktisch und realistisch in ihrer Lebenseinstellung. Sie ist eher an Karrieren interessiert, die Stabilität und Sicherheit bieten, als daran, ihrer Leidenschaft nachzugehen. Die Gen Z versteht eher, dass Arbeit aus finanziellen Gründen notwendig ist. Sie akzeptiert ein notwendiges Einkommen, auch wenn es nicht ihr Traumjob ist. Arbeit nach Hause zu nehmen kommt für sie gar nicht in Frage; sie setzt sogar noch einen drauf: Benefits im Job, ein Recht auf mobiles Arbeiten und bloß keine Meetings vor 9 Uhr werden meist schon vorausgesetzt. Gesellschaftliche Verantwortung, Diversität und Inklusion werden auch immer wichtiger. Aber auch Flexibilität im Job und die finanzielle Stabilität müssen passen.

Als Zillennial habe ich Eigenschaften beider Generationen verinnerlicht. Natürlich ist es mir wichtig, dass meine Arbeit mich erfüllt und mir Spaß macht, aber das notwendige Einkommen darf natürlich auch nicht zu kurz kommen. 40 Jahre an der Armutsgrenze zu leben, nur weil ich meinen absoluten Traumjob gefunden habe, kommt nicht in Frage. Das muss miteinander vereinbar sein, denn warum soll ich nicht das machen können, was mir Spaß macht und gleichzeitig das Einkommen verdienen, das ich benötige?

Generation unverbindlich

Die Millennials sind die erste Generation, die unter Beziehungsproblemen leidet, die bisher keine Rolle spielten. Mit dem Internet erreichen Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen ein neues Level. Konflikte werden online beseitigt und die Kommunikation beschränkt sich auf WhatsApp-Nachrichten. Probleme werden online geklärt, anstatt ein persönliches Gespräch zu führen. Millennials wollen lieber keine Beziehung als sich mit zu vielen Kompromissen zufriedengeben zu müssen. Das zeigt sich auch in meinem Freundeskreis. Der eine Teil meiner Freunde ist mit ihrem Partner schon lange zusammen und der andere Teil seit einer gefühlten Ewigkeit Single. Durch die Sozialen Medien weiß man meist bereits alle Dinge über die andere Person, noch bevor man überhaupt anfängt zu daten. Das ist gruselig und verzerrt die Realität. Per Swipe kann ja schließlich direkt aussortiert werden, was einem nicht gefällt. Die Gen Z hat das ganze nochmal perfektioniert. Dadurch, dass sie mit der neuesten Technologie und Social Media schon immer vertraut ist, herrscht in dieser Generation vor allem Perfektionismus. Das Internet suggeriert eine heile Welt, in der alles immer gut zu laufen scheint. Doch das Leben auf Instagram und TikTok hat wenig mit der Realität zu tun. Oft werden Ansprüche an sich selbst, aber auch an den Partner sehr hoch gestellt. So hoch, dass sie kaum erreichbar sind. Entscheidungen sind für diese Generation nie endgültig, zu groß ist die Gefahr, etwas zu verpassen. Vor allem die Vielfältigkeit dieser Generation wird mir immer häufiger bewusst. Sie akzeptiert Menschen anderer Herkunft, Geschlechter oder sexueller Orientierung eher als alle anderen Generationen zuvor. Nicht umsonst hat die LGBTQ-Community in den letzten Jahren enorm an Zuwachs und Akzeptanz gewonnen.

Reisen soweit das Geld reicht

In der Freizeitgestaltung sind sich beide Generationen sehr ähnlich. Sie verbringen viel Zeit in sozialen Netzwerken, aber ganz oben steht die Zeit mit Familie und Freunden. Sie reisen gerne und finden ihren Ausgleich in der Natur. Ich kenne in meinem Freundeskreis niemanden, der nicht gerne reist oder einfach mal raus geht, um abzuschalten. Ich würde aber sagen, die Gen Z sind den Millennials dabei ein Stück voraus. Sie verstehen eben besser, wie man günstig an die Orte kommt, die man sehen will. Sie sind Weltbürger und haben ein stärkeres soziales Bewusstsein. Reisen, solange das Geld reicht, ein Auslandssemester oder generell studieren im Ausland sind sehr beliebt. In meiner Ausbildung hatten wir auch die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen. Mit mir eingeschlossen waren es 4 Personen, die diesen Schritt gewagt haben. Nicht, dass viele sich das nicht getraut hätten, aber Millennials sind oft unentschlossen und fühlen sich in ihrem bekannten Umfeld wohler. Wenn ich das heute mit meinen Kommilitonen vergleiche, steht das Auslandssemester bei vielen ganz oben auf der Liste. Das hängt auch damit zusammen, dass die Gen Z viel internationaler aufgewachsen ist als die Millennials. In den Schulen beginnt der Englisch-Unterricht schon in der Grundschule, in den Klassen gibt es mehr Kinder mit Migrationshintergrund und durch Social Media haben Gen Z’s einen viel früheren Zugang zu fremdsprachigen Medien. Per Klick kann man sich auf Netflix für eine andere Sprache entscheiden und durch TikTok und Co. gehört englisch schon früh zum täglichen Alltag der Gen Z’s.

Dass sich beide Generationen in der Gestaltung ihrer Freizeit sehr ähnlich sind, zeigt auch eine Umfrage bei Statista aus dem Jahr 2022. Ein paar kleine Unterschiede finden sich lediglich in Computerspielen und Disco Besuchen, da hat die Gen Z ganz klar die Nase vorne. Das hat natürlich auch mit dem noch jungen Alter der Generation zu tun. Millennials haben ihre wilde Partyzeit in den meisten Fällen schon hinter sich. Dafür finden sie aber ihren Ausgleich vor allem in der Natur beim Wandern. Zudem legen sie zuhause auch öfter mal selbst Hand an und renovieren oder reparieren viele Dinge selbst. Sowohl die Millennials als auch die Generation Z wurden durch einzigartige Ereignisse und kulturelle Veränderungen geprägt und haben daher ihre eigenen Werte, Überzeugungen und Haltungen. Von der Wirtschaftskrise und den ersten großen technischen Fortschritten, die vor allem die älteren Generationen prägt, haben beide nichts mitbekommen. Dafür wurden Millennials vor allem durch die Jahrtausendwende und die Terroranschläge vom 11. September geprägt, denn das haben sie live miterlebt. Millennials haben als erste Generation eine Reihe Eigenschaften angeeignet, die durch Social Media geprägt wurden. Als größte lebende Generation haben sie viel Einfluss auf die Gesellschaft und werden die Welt auch noch in den kommenden Jahren prägen. Die Gen Z wurde vor allem durch die Covid-Pandemie geprägt und ist somit die Generation “Lockdown”. Der Unterricht fand online statt und die Digitalisierung hat in dieser Zeit einen großen Sprung gemacht. Aber auch sie haben bereits einen erheblichen Einfluss auf die Gesellschaft. Sie sind eine vielfältige, technikaffine und sozial bewusste Generation, die Unabhängigkeit und globales Bewusstsein schätzt. Dennoch spürt man in beiden Generationen oft eine Unentschlossenheit. Ob bei der Berufswahl, dem Hobby oder in Beziehungen. Irgendwie wissen beide nicht so richtig, ob und wie sie sich festlegen sollen. Und das ist auch kein Wunder bei der ganzen Auswahl und den Einflüssen, die in der heutigen Zeit um uns herum sind. Es gibt so viele Möglichkeiten das Leben zu leben. Wir können überall auf dem Planeten sein, die nächste Reise ist nur einen Klick entfernt. Wir können online arbeiten und den Job wechseln, wenn er uns nicht passt. Wir können Freunde und Beziehungen online finden und das Handy beantwortet uns jede Frage sofort. Wiederum müssen wir uns aber auch Themen stellen, die vorher nie da gewesen sind, wie dem Klimawandel oder der Gleichberechtigung aller Menschen. Und das stellt die Generationen vor neue Herausforderungen und beeinflusst vor allem die Sicht auf Arbeit, Leben und Denken.

Den ersten Teil der "Zillennial-Reihe" von Lena Herrmann: "Zillennials: Eine vergessene Generation" lesen. ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

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