Ukraine – danach?

Deutschland hat einen neuen Verteidigungsminister. Er soll die Bundeswehr so stark machen, dass Russland nicht auf die Idee kommt, Deutschland als zahmen Tiger zu sehen. Reicht das und was lehren die Kriege der Vergangenheit?

Gerd Altmann auf Pixabay

Es reicht nicht, auf Waffen zu setzen. Solange Atombomben im Spiel sind, kann kein Militärbündnis die Sicherheit bieten, die Regierungen versprechen müssen, aber wie viele andere Versprechen nicht halten können. Ohne Atombomben ist man in dem jetzigen Zustand der Menschheit noch mehr gefährdet. Die Ukraine hat wie Weißrussland und Kasachstan ihre Atombomben an Russland abgegeben. Russland hat sich 1994 mit den USA und England verpflichtet, die Grenzen des Landes zu garantieren. Es gibt offenbar keine Instanz, die Russland zur Einhaltung dieses Vertrages bewegen kann, so wie innerhalb der Staaten die Gerichte das können, wenn nicht ein autoritäres Regime oder Korruption die Gerichtsbarkeit lahmlegt. Ist der Frieden dann vom Besitz von Atombomben abhängig? Die Ukraine wäre von Russland nicht so leicht angegriffen worden, wenn sie ihre Atomwaffen nicht in die Arsenale ihres jetzigen Gegners abgeliefert hätte.

Krieg ist kein lohnendes Unternehmen

Man könnte auf die Vernunft setzen. Die meisten Kriege, selbst wenn sie gewonnen werden, bringen dem Angreifer nicht den gewünschten Erfolg. Dafür gibt es ein Beispiel aus der Geschichte, das ähnliche Konstellationen wie der Ukrainekrieg aufwies. Ein Staat hat sich die meisten anderen Staaten zu Feinden gemacht. Der damalige Putin hieß Friedrich. Er hatte Schlesien zu Preußen schlagen können, als die junge Maria Theresia ihrem Vater nachfolgte und auch von Bayern bedrängt wurde. Das war 1740. 1742 kam es zum Friedensschluss zwischen Österreich und Preußen. Die europäischen Mächte ließen das durchgehen, jedoch nicht mehr, als Friedrich 16 Jahre später Sachsen zu annektieren suchte. Er hatte nur England an seiner Seite, damals von dem Gewicht, das China heute hat. Sieben Jahre dauerte dieser Krieg, allein für Preußen starben um die 400.000 Menschen, die Mehrzahl von ihnen waren Zivilisten. Am Ende hatte sich auf der Landkarte nichts verändert. Obwohl er keinen Quadratmeter hinzugewonnen hatte, wurde Friedrich zum Großen erklärt und Deutschland traute sich noch viele Kriege zu. Der Zweite Weltkrieg, der das Germanenturm bis zum Ural ausdehnen sollte, endete mit erheblichen Gebietsverlusten für Deutschland. Wie die Russen heute hielten sich die Deutschen für überlegen, die Russen moralisch, die Deutschen damals biologisch. Die Olympischen Spiele 1936 schien das erwiesen zu haben. Wegen der Dekadenz des Westens, so die Überzeugung der Mehrheit der Russen, werden sie den Krieg gewinnen. Wie die Deutschen nach Stalingrad scheinen sie ihr Überlegenheitsgefühl nicht aufzugeben.

Es geht letztlich um die Russen

Nicht die militärische Stärke, sondern die geistige Einstellung der Russen entscheidet am Ende. Die Aufrüstung der Bundeswehr bringt die Russen kaum dazu umzudenken. Sie können sich, wie immer wieder erwartet wird, nicht von Putin distanzieren. Das Ganze hat auch einen kirchlichen Hintergrund. Die moralische Überlegenheit, wird vom Moskauer Patriarchen vertreten. Auch grenzt sich die Orthodoxie vom lateinischen Christentum entschieden ab. Dialog genügt nicht. Ob Kirchen, Politik, Bildung, es braucht eine gemeinsame Strategie. Dazu einige Punkte:

Wenn Putin wie Friedrich zum Großen erklärt wird, obwohl er die halbe Welt gegen sich in Stellung gebracht hat, dann wird Russland weiter Krieg führen. Wenn Russland sich selbst überlassen bleibt, wird es den Westen weiter ablehnen. Der Westen sollte es wie die Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg machen, zeigen, wie man in den USA und England lebt, Filme und Musik nach Russland schicken, so wie Hollywood und der US-Armeesender in den Nachkriegsjahren. Wir haben als Schüler AFN und nicht die deutschen Wellen eingeschaltet. Man gewinnt die Russen nicht für eine andere Sicht des Westens, wenn man auf die Menschen herabblickt. Sie sollten sich in Europa willkommen fühlen. Viele sind ja schon als Flüchtlinge hier. Über sie können Kontakte geknüpft werden. Dafür muss allerdings zuerst die Ukraine gewonnen werden.

Die Kirchen des Westens sind als erste gefragt, nicht nur in theologischen Kommissionen mit der Russischen Orthodoxie ins Gespräch zu kommen, sondern auch die Gemeinden in Kontakt und Austausch zu bringen. Die Universitäten in der EU und in den USA sollten sich für russische Studenten öffnen.