Franziskus in Afrika: Mut zur Kritik

Die katholische Kirche in Afrika wächst, anders als in Europa: 2025 wird ein Sechstel aller Katholiken weltweit auf dem afrikanischen Kontinent leben. Höchste Zeit, dass Papst Franziskus mehr Zeit dort verbringt. Mit seiner Reise nach Mosambik, Madagaskar und Mauritius hat er ein erstes Zeichen gesetzt. Doch der Papst muss vorsichtig sein, denn mit dem Heiligen Vater lässt sich auch Politik machen. Franziskus müsste daher klarer für Menschenrechte eintreten, sich politisch einmischen.

Die 31. Auslandsreise des Papstes war erst seine vierte nach Afrika. Dabei waren zwei seiner Reiseziele, Ägypten und Marokko, nordafrikanische Staaten mit geringem katholischem Bevölkerungsanteil. Nach seinem Besuch in Kenia, Uganda und der Zentralafrikanischen Republik 2015 reiste Franziskus eigentlich erst zum zweiten Mal zu den Gläubigen in Afrika. Dieses Mal scheint der Papst sich seine Reiseziele sehr bewusst ausgesucht zu haben.

Klimawandel und Freiheit

Durch ihre exponierte Lage am bzw. im Indischen Ozean sind alle drei Staaten – Mosambik, Madagaskar und Mauritius – besonders vom Klimawandel betroffen. Eine besondere Gefahr zeigte sich dabei auch in diesem Jahr. Erstmals wurde Mosambik in einer Saison von zwei Zyklonen getroffen. „Idai“ und „Kenneth“ forderten im März und April über 600 Tote. Zudem verloren Hunderttausende Menschen zeitweise ihr Dach über dem Kopf und es entstanden Sachschäden in Milliardenhöhe. Eine humanitäre Katastrophe in einem der ärmsten Länder der Welt.

Alle drei Länder gelten zudem als verhältnismäßig frei und demokratisch, das kleine Mauritius gar als afrikanische Musterdemokratie. Doch in Madagaskar und Mosambik ist die Lage komplizierter. Zwar sind beide Staaten keine autoritären Regime, aber von einigen, im globalen Norden als selbstverständlich geltenden demokratischen Standards, sind sie noch weit entfernt. Die schwierige menschenrechtliche Situation zeigte sich vor allem in Mosambik.

Papst als Wahlkampfhelfer?

In dem südostafrikanischen Staat wurde Kritik laut, der amtierende Präsident, Filipe Nyusi könnte den Besuch des Papstes als Unterstützung im Wahlkampf nutzen. Das behauptete besonders die größte Oppositionspartei Mosambiks, RENAMO, die erst kürzlich einen bewaffneten Konflikt mit der Regierung unter Nyusis FRELIMO beigelegt hat. Der hochverschuldete Staat soll umgerechnet 300.000 Euro für den Empfang des Heiligen Vaters ausgegeben haben. Das dürfte der von Naturkatastrophen und politischer Gewalt betroffenen Bevölkerung im Norden des Landes nur schwer zu vermitteln sein.

Mit solchen politischen Problemen muss der Papst sich auseinandersetzen, bevor er Reisen antritt. Auf der einen Seite sollte er in christlicher Tradition Menschen in Not helfen. Das gilt nicht nur für Katholiken im Land, auch wenn sie – nachvollziehbar – oft im Zentrum der päpstlichen Worte stehen. In Mosambik etwa hat die katholische Kirche durch ihre Rolle als Vermittlerin im Bürgerkrieg Anfang der 1990er-Jahre auch ein hohes Ansehen unter Muslimen, Protestanten und Anhängern traditioneller Religionen. Auf der anderen Seite greift ein Papstbesuch auch, ob vom Papst beabsichtigt oder nicht, in das politische Gefüge ein.

Worte finden

Wenn der Papst auch die Ärmsten der Armen erreichen möchte, muss er lernen, mit diesen Situationen umzugehen. Die Demokratische Republik Kongo wartet seit 1980 auf einen Papstbesuch, Nigeria seit 1998. Beide Länder sind von politischer Gewalt und massiver Armut geprägt. In beiden Ländern leben starke katholische Gemeinden. Insbesondere die Bischofskonferenz im Kongo hat mit ihrem Einsatz bei den letzten Wahlen gezeigt, dass sie jede Hilfe gebrauchen kann und verdient. Gleichzeitig gab es sowohl in Kongo als auch in Nigeria bei den letzten Wahlen starke Unregelmäßigkeiten, vor denen man kaum die Augen verschließen kann. Soll der Papst also im schlimmsten Fall auch den Despoten die Hand schütteln?

Das wäre zumindest denkbar, allerdings nur, wenn der Papst gegenüber seinen Gastgebern kritische Worte findet. Wenn er solchen Herrschern klarmacht, dass er nicht wegen, sondern trotz ihnen und für die Bevölkerung in das Land kommt, ist ein Besuch sinnvoll. Eine solche Haltung bringt freilich neue Probleme mit sich. Könnten entsprechende päpstliche Ansprachen zu politischer Instabilität führen? Sind solche Worte nicht immer als zu politisch einzustufen? Menschenrechte sind aber nun einmal politisch. Wenn dem Papst etwas an ihrem Erhalt liegt, muss er wohl oder übel auch politische Entscheidungen treffen und politische Worte finden.

Um aber Situationen wie in Mosambik zu verhindern, sollte der Papst auch verstärkt Vertreter zivilgesellschaftlicher Gruppen treffen. Es muss schließlich nicht auf jedem Pressefoto nur der Präsident des Landes zu sehen sein. In Mosambik hat Franziskus nur die Hauptstadt Maputo besucht. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, direkt in die Krisenregionen im Norden des Landes zu fahren. Das wäre sicherlich beschwerlicher und möglicherweise auch gefährlich gewesen. Wenn der Papst als Friedensstifter gelten will, sollte er Gefahren nicht scheuen. Die Bevölkerungen afrikanischer Staaten, nicht nur die katholische, können seine Hilfe gebrauchen.