Ferienzeit ist auch Lesezeit. Doch die katholischen Verlage sind am Strand, auf der Parkbank, im Liegestuhl nicht dabei. Es scheint sie auch nicht wirklich zu interessieren. Neben Büchern zur Erstkommunion und Firmung bringen sie kaum Lesestoff für Nicht-Theologen. Damit gehen sie ihrem Ende entgegen, obwohl es gute Aussichten gibt.
Internet – Dürrezeit für Print
Das Buch ist durch eine Dürrezeit gegangen, ausgetrocknet durch Internet und Social Media, die einfach Zeit beanspruchen. Hinzu kommt der nicht abreißende Strom der Videos auf YouTube. Sie alle nehme dem Buch Lesezeit weg. Das stimmt. An der Frankfurter Buchmesse kann man es ablesen, immer weniger Hallen werden gebraucht. Noch deutlicher ist der Rückgang im katholischen Verlagswesen, man kann schon von einem Kahlschlag sprechen. Es waren viele kleine Unternehmen, die fast nie mit einem Bestseller ihr Kapital aufstocken konnten, um dann auch Misserfolge zu verkraften. Das Buch verträgt keinen Verdrängungswettbewerb.
Im neoliberalen Geschäftsmodell geht der Niedergang des katholischen Verlagswesens als Marktbereinigung durch. Aber das Buch ist nicht so einfach wie ein Waschmittel, eine Bier- oder Automarke zu sehen. Verschwindet eine Automarke vom Markt, können die Konkurrenten mehr verkaufen. Das gilt aber nicht für das Buch. Was würde Menschen noch in eine Buchhandlung locken, wenn es nur noch einen Verlag mit nur noch einem Profil gäbe. Bereits ein Käseladen lebt von der Vielfalt des Angebots. Wenn also die Vielfalt des Katholischen nicht mehr durch die Verlage abgebildet wird, dann erwartet man auch von Verlagen mit einem katholischen Profil nicht mehr etwas, das neugierig macht.
Es ist wie mit den Eisschollen im Polarmeer. Sie schmelzen einzeln dahin, bis kein Eisbär mehr einen Platz zum Ausruhen findet. Vergleicht man die Eisbären mit Autoren, dann finden immer weniger religiös motivierte Autoren die Eisscholle eines Verlages. Logischerweise klagen die Verlage über den Mangel an guten Manuskripten. Offensichtlich bemerkt das niemand oder glaubt, mit den Internetauftritten der Bistümer und Orden und einigen großen Facebookgruppen ließe sich die verloren gegangene Erzählkultur kompensieren. Man wundert sich, wie die Seelsorger und Seelsorgerinnen, die Religionslehrer und Religionslehrerinnen, die ja noch zu einem großen Teil mit interessanter katholischer Literatur aufgewachsen sind, diesem Abschmelzprozess einfach zusehen.
In Frankfurt hat man sogar die katholische Buchhandlung aus einer sehr guten Lage an den Rand gedrängt, einfach um mehr Miete von dem Laden einer Kette zu bekommen. Da haben über Jahrzehnte doch mehrere Fachleute im Sinne der katholischen Kirche gearbeitet, ohne dass sie auf der Gehaltsliste des Bistums Limburg standen.
Das Internet ist flüchtig, Vertiefung braucht Print
Die Kirchenleute wollen offensichtlich die frühere Lesekultur durch das Internet ersetzen. Wenn sie das doch wenigstens täten. Ein kraftvoller Auftritt, der kontinuierlich über Neuerscheinungen berichtet und damit auch andere Verlage ermutigt, Religion als Erzählidee anzubieten, kommt nicht zustande. Alle Portale sind auf Nachrichten fixiert und die Auslegung des Tagesevangeliums findet sich mehrfach. Aber wie dieses Evangelium Wurzeln schlägt, dafür scheint sich niemand mehr zu interessieren. Es braucht nicht viele Klicks auf Nachrichten, die 10 Sekunden später schon vergessen sind. Das Samenkorn muss auf fruchtbaren Boden und nicht in die Dornen der Social Media fallt, um da zerredet zu werden.
Die vielen neuen, kleinen Brauereien
Der Biermarkt ist nicht so eingebrochen wie der Buchmarkt, jedoch hatte er mit den Massenbieren seinen Reiz verloren. Die Neugier nach dem spezifischen Biergeschmack haben kleine neue Brauereien geweckt. Es sind viele kleine Brauereien, oft mit einer Gastwirtschaft verbunden, entstanden, während Brauereien mittlerer Größe aufgekauft wurden. In den USA haben die Craft Brewers das Bier wieder interessant gemacht. Die Kreativität der Braumeister, die das Image des Biers in einen Aufwind steuerte.
Wer steuert das katholische Buch in etwas frischere Gewässer. Zwei Maßnahmen schälen sich heraus: Die Verlage zusammen mit den Buchhandlungen können Autoren ganz anders fördern. Da ist wie bei den kleinen Brauereien nicht groß eine Kapitalspritze gefragt, sondern Autoren ins Gespräch zu bringen, Schreibseminare und Schreibcoaching zu organisieren. Eine einfache Methode ist Pitching. Sie ist im Fernsehbereich eine eingeführte Veranstaltungsform, wo Autoren Stoffe vorstellen und Redaktionen zugreifen. Wer baut eine solche Bühne auf?
Dann sollte das Internet entsprechend seiner Eigengesetzlichkeit genutzt werden. Die Verlage schalten es weiterhin nach dem Buch, obwohl es eine ganz andere Funktion hat. Kaum stößt man auf Ankündigungen, fast nie gibt es auf einer frequentierten Homepage größere Abschnitte, obwohl jeder Auto- oder Käsehersteller inzwischen sein Produkt im Internet ausführlich vorstellt. Die Homepages der Verlage sind als Shop aufgebaut, Werbung erhofft man sich von irgendwoher, anstatt gemeinsam eine Internetstrategie zu entwickeln. Auch helfen nicht viel Klicks, sondern die große Fähigkeit des Internets, Menschen, die sich bereits mit einem Thema beschäftigen, mit entsprechenden Angeboten in Verbindung zu bringen. Wenn die von den Diözesen finanzierte Beratungsgesellschaft MDG eine solche Plattform und entsprechende Newsletterverteiler aufgebaut hätte, dann würden die Verlage bei ihr anklopfen. Von einer Strategie für ein Verlagswesen im digitalen Zeitalter ist von der Mediendienstleistungsgesellschaft nichts zu hören.
Das Buch wird, anders als die Regional- und Wochenzeitungen, vom Internet nicht abgeschmolzen. Als Premiumprodukt wird es bleiben. Damit der jetzige Zustand nicht zum Ende einer katholischen Literatur- und Sachbuchszene führt, braucht es Leute wie die jungen Braumeister.