Kann das Beichtgeheimnis weg?

In mehreren Australischen Bundestaaten wird ab dem nächsten Jahr die Ausnahme von der Anzeigenpflicht für Beichten aufgehoben. Auch in Deutschland und anderen Ländern wird dies im Namen des Opferschutzes und der Strafverfolgung gefordert. Doch die angestrebten Ziele können damit nicht erreicht werden und es wir ein Chance verbaut auf Täter einzuwirken.

Der Staat hat ein Problem mit dem Beichtgeheimnis. Das liegt in der Erwartung von möglichst umfassender Sicherheit durch den Staat und dem Interesse an Strafverfolgung. Wenn ein Priester in eine Beichte von Straftaten erfährt, ist es für die Strafverfolgung und gegebenenfalls auch der Verhinderung weiterer Delikte, hilfreich, wenn der Priester diese Informationen weitergibt. Das ist ihm aber Kirchenrechtlich verboten und sie waren bis jetzt in diesen Fällen von der Anzeigepflicht befreit.

Beichte oder Schutz

Die Kritik am Beichtgeheimnis hat sich im Zuge des Missbrauchsskandals weltweit noch einmal verschärft. So werden etwa in mehreren Australischen Bundestaaten die Anzeigepflicht von Missbrauch verschärft. Damit wird künftig wird für die Beichte keine Aufnahme zur Anzeigepflicht gelten. Damit folgen sie den Vorschlägen der australischen Kommission, die den Missbrauch in Institutionen untersucht hat. Es sollen alle Möglichkeiten genutzt werden, weitere Vergehen zu verhindern. Auch gebeichtete Missbräuche sollen dabei keine Ausnahme mehr bilden. Anderenfalls wird der Vorwurf laut, weitere Taten nicht verhindert zu haben.

Dabei gibt es auch andere Ausnahmen bei der Anzeigepflicht, etwa für Anwälte. Da dies aber für die Funktion des Rechtstaates notwendig ist, kann es nicht aufgehoben werden. Die rein religiöse Praktik des Beichtgeheimnisses ist dagegen nur durch die Religionsfreiheit geschützt. Daher kann es zu einer Abwägung der verschiedenen Werten und Rechten kommen. Dabei scheint der Konsens gegen eine Befreiung des Beichtgeheimnisses von der Anzeigepflicht zu entwickeln. Die Strafverfolgung und Verhinderung weiterer Übergriffe wird als wichtiger eingeschätzt, als das Recht die Beichte so zu gestalten, wie es von der Kirche vorgegeben ist.

Ineffektiver Plan

Die Argumentation gegen eine Ausnahme für das Beichtgeheimnis ist jedoch nicht realistisch. Ohne die Sicherheit der Nichtweitergabe würde kaum jemand in der Beichte Straftaten eingestehen. Ohne das Beichtgeheimnis könnten Priester damit gar nicht die Informationen bekommen, zu deren Weiterleitung sie verpflichtet werden sollen. Die Anzeigepflicht wird so also ihr Ziel verfehlen. Vielmehr würde eine Möglichkeit verstellt, Täter zu erreichen. Priester, die in einer Beichte von einer Straftat erfahren, müssen den Beichtenden dazu anhalten sich den Behörden zu stellen.

Problem für Priester und Gläubige

Wenn Priester dazu verpflichtet werden sollen, das Beichtgeheimnis zu brechen, wird daraus keine signifikante Verbesserung der Missbrauchsverhinderung erwachsen. Dafür werden die Priester unter extremen Druck gesetzt. Wenn sie die in der Beichte erfahrenen Informationen zu Missbrauch nicht melden, drohen ihnen vom Staat rechtliche Konsequenzen. Wenn sie solche Informationen weitergeben, werden sie kirchenrechtlich exkommuniziert.

Auch alle Gläubigen, die das Angebot der Beichte nutzen, sind von der Verschärfung der Anzeigepflicht. Denn wird die absolute Verschwiegenheit des Beichtvaters in Zweifel gezogen. Das wirkt sich nicht nur auf die Beichte von Missbrauch und anderen Straftaten aus, sondern auf alle. Denn das Beichtgeheimnis funktioniert nur, wenn es keine Ausnahmen gibt, anderenfalls wäre es rein von der Entscheidung des Beichtvaters abhängig, ob das, was gebeichtet wurde, dem Beichtgeheimnis unterliegt oder weitergegeben werden kann und gegebenenfalls auch muss.

Im Umgang mit dem Beichtgeheimnis ist daher sinnvoll, die bestehende Regelung beizubehalten. Also eine, in der Religionsfreiheit begründete, Ausnahme von der Anzeigepflicht für die Beichte zu gewähren.