Auf der Frankfurter Buchmesse 2025 wurde deutlich: Der deutsche Buchmarkt steckt in einem Strukturwandel und steht vor mehreren Herausforderungen. Die Spannungen zwischen Tradition und Innovation, zwischen analogem Lesen und digitalen Plattformen, zwischen menschlicher Kreativität und künstlicher Intelligenz erfordern neue Ideen. Allerdings zeigt gerade die wachsende Zahl junger Lesender, dass auch in der Welt des Buches gilt: „Totgesagt leben länger“.
Für die nächste Zeit zeichnen sich gleich mehrere gravierende Entwicklungen im deutschen Buchmarkt ab. PricewaterhouseCoopers (PwC) prognostiziert für die einzelnen Segmente des deutschen Buchmarkts dabei eine unterschiedliche Entwicklung: Während die Umsätze für „Belletristik“ leicht sinkend prognostiziert werden, wird für „Fach- und Sachbücher“ ein deutliches Umsatzwachstum bis 2026 erwartet.
Langfristig prognostiziert PwC jedoch bis 2029 einen Rückgang des Buchmarktumsatzes. Und auch für die Zeit danach zeichnet sich eine weitere Herausforderung ab: die sinkende Lesekompetenz in Deutschland. Die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) zeigt, dass die Leseleistungen deutscher Viertklässler seit 2001 kontinuierlich abnehmen. Lesetipp: Der deutsche Buchmarkt steckt mitten im Strukturwandel.
Die Digitalisierung der Buchbranche wird weiter voranschreiten. Weltweit zeigt der Buchmarkt einen zunehmenden Trend zur Digitalisierung, wobei elektronische Formate an Bedeutung gewinnen. Bis 2030 wird eine Penetrationsrate (Kennwert für die Marktdurchdringung) von 30,5 Prozent prognostiziert. Der stationäre Buchhandel wird sich weiter konsolidieren, wobei die Anzahl der Buchhandlungen voraussichtlich weiter sinken wird. Auf die verbleibenden Betriebe wird ein verstärkter Kosten- und Digitalisierungsdruck zukommen. Aus Sicht des Autors werden bedauerlicherweise wohl nur die großen Buchketteten und Verlage überleben.
Gleichzeitig wird prognostiziert, dass digital und analog noch stärker zusammenwachsen und sich die verbleibenden Buchhändler und Büchereien verstärkt zu Event- und Community-Orten für die (verstärkt jüngere) Leserschaft entwickeln werden.
Die Rolle von Social Media wird weiter zunehmen. „BookTok“ und ähnliche Phänomene werden den Buchmarkt weiter umkrempeln und neue Käuferinnen- und Käufergruppen erschließen. Für 16 Prozent der Social-Media-Nutzer sind soziale Netzwerke bereits jetzt die wichtigste Inspirationsquelle für neue Bücher. Diese Entwicklung wird sich verstärken und auch das Verlagsgeschäft grundlegend verändern. Zudem boomt der Audio-Bereich weiter. Befördert von neuen, digitalen Absatzwegen und steigenden Buchpreisen wachsen Hörbücher und Podcasts.
Die Künstliche Intelligenz wird an Bedeutung gewinnen und zu einem entscheidenden Wettbe-werbsfaktor werden. Nur Verlage und Buchhandlungen, die frühzeitig in KI-Lösungen investieren und diese besonnen und klug einsetzen, werden überleben können. Dabei wird es aber entscheidend sein, einen Verhaltenskodex zu etablieren, der den Wert von menschenerschaffenem Content schützt und gleichzeitig die Chancen der (KI-)Technologie, z.B. im Bereich Übersetzung und der crossmedialen Medienproduktion, nutzt. Insbesondere, da in den USA aktuell bereits die Mehrheit von neu generierten Texten durch KI und nicht durch Menschen verfasst wird. Dabei zeichnet sich a: Viel (KI-)Content hilft nicht viel. Lesetipp: US-Studie: Der Anteil von KI-Texten steigt, aber nicht in Suchmaschinen.
Fazit: Die Zukunft des deutschen Buchmarktes wird davon abhängen, ob es gelingt, junge Leserinnen und Leser dauerhaft zu begeistern, die Lesekompetenz zu stärken, den stationären Handel mit digitalen Strategien zu verbinden und die Chancen der Künstlichen Intelligenz zu nutzen, ohne die Qualität literarischer Werke zu gefährden.
Die Frankfurter Buchmesse als „größte Buchmesse der Welt“ sollte als Innovator vorangehen, ohne sich – wie zuletzt – vor allem auf qualitatives Wachstum bei Ausstellenden und Besuchenden zu fokussieren. Den Kauf von Büchern sollte sich jede/r leisten können, übrigens auch den Eintrittspreis zur Buchmesse (Stichwort: Preisanstieg bei Print und Events). Denn die Buchmesse in Frankfurt sollte stets ein Ort des (kritischen) Wortes und des (offenen) Dialogs sein.
Apropos Dialog: Warum nicht nur (wie bisher) einen gemeinschaftlichen Stand der evangelischen und katholischen Verlage und Medienhäuser, sondern einen interreligiösen Gemeinschaftsstand?
Lesetipp zur Frankfurter Buchmesse 2025 in unserem Partnerportal explizit.net: Frankfurter Buchmesse 2025: Zwischen Tradition und Innovation
Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)