Habemus papam! Im vierten Wahlgang haben die 133 wahlberechtigten Kardinäle den US-Amerikaner Robert Francis Prevost O.S.A. zum neuen Pontifex gewählt. Papst Leo XIV kennt als Präfekt sowohl die Kurie als auch die Weltkirche und steht jetzt vor der schwierigen Mission, mehr denn je Brückenbauer in der katholischen Kirche zu sein.

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Im vergangenen Jahr hat die Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands e. V. (GKP) im Rahmen einer Journalistenreise Kardinal Robert Francis Prevost O.S.A – als neuen Präfekten des Dikasteriums für die Bischöfe – getroffen. Für das Portal kath.de war der Autor dieses Kommentars beim Hintergrundgespräch im Vatikan dabei und erlebte einen Kurienkardinal der leisen, aber bestimmten Töne, der stets die Weltkirche im Blick hat. Trotzdem sorgte seine Wahl zum 267. Pontifex – zumal bereits im vierten Wahlgang – nicht nur bei Medien für Überraschung. Zumindest auf den ersten Blick.
Die 133 wahlberechtigten Kardinäle haben sich dazu entschieden, die bisherige unausgesprochene Regel, keinen Papst aus dem „mächtigsten Land der Welt“ zu wählen, zu brechen. Auch wenn sich das Wahlkollegium der Kardinäle, von denen Papst Franziskus allein 109 ernannt hatte, neu kennenlernen musste, dürfte Kardinal Prevost O.S.A. für viele Kardinäle kein Unbekannter gewesen sein. Denn als Präfekt für das Bischofswesen unterhielt der bisherige Kurienkardinal enge Kontakte zu den nationalen Bischofskonferenzen und betreute auch die „ad Lima“-Besuche der Bischofskonferenzen im Vatikan.
Wunsch nach Kontinuität und vorsichtiger Erneuerung
Als erster US-amerikanischer Papst und mit seiner lateinamerikanischen Prägung in der Geschichte der katholischen Kirche vereint der neue Pontifex verschiedene Perspektiven und kirchenpolitische Strömungen. Seine schnelle Wahl signalisiert dabei einerseits den Wunsch der Kardinäle nach Kontinuität und die Wahl von Kardinal Robert Francis Prevost O.S.A andererseits den Wunsch nach vorsichtiger Erneuerung.
Denn der von Papst Franziskus zum Kardinal und zum Präfekten ernannte Prevost unterstützte sowohl die Reformen für eine „synodalere Kirche“ und ist – wie der verstorbene Papst Franziskus – ein Verfechter für Klimaschutz und soziale Fragen. Prevost vertrat zudem aber auch traditionelle Ansichten in Glaubensfragen, z. B. in Frauen – und LGBTQ+ - Themen. Somit wurde der Kurienkardinal für beide „Lager“ („Traditionalist:innen“ versus „Reformer:innen“) „papabile“, da Prevost in Medien als „gemäßigter Reformer“ und „nahbar, reformorientiert und als Mittler zwischen den kirchlichen Strömungen“ beschrieben wird.
Wahrscheinlich hat das kritische Verhältnis von Kardinal Prevost zu US-Präsident Donald Trump seine Wahl zum neuen Papst begünstigt. Mehrere Medien betonten ausdrücklich, dass Prevost „nicht als Trump-Freund“ gilt und dessen Politik kritisch gegenübersteht und dass der US-Präsident den konservativen New Yorker Erzbischof Timothy Dolan bevorzugte.
Und somit ist die Entscheidung des Kardinalskollegiums für Kardinal Prevost O.S.A. als neuen Pontifex auf den zweiten Blick doch keine Überraschung mehr.
„Brücke auch über die Gräben innerhalb der Kirche führen“
Auf Pontifex Leo XIV. wird die schwierige Mission zukommen, mehr denn je eine Synthese von Tradition und Neuem zu suchen sowie nicht als entweder - oder zu sehen.
Seine internationalen Erfahrungen können seine Aufgabe, zwischen den verschiedenen „Lagern“ in der katholischen Kirche zu vermitteln, unterstützen. Denn es gilt, die kulturellen und theologischen Spannungen innerhalb der weltweiten katholischen Kirche zu überbrücken. Eine der größten Herausforderungen für den 267. Pontifex wird es sein, diese Gegensätze nicht nur auszuhalten, sondern produktiv zu wenden.
Seine gestrige Rede auf der Bennediktionsloggia macht aber Hoffnung: „Maria, hilf uns, Brücken zu bauen“, sagte Papst Leo XIV. Wenn diese Brücke auch über die Gräben innerhalb der Kirche führt und dabei der Mut zu Veränderungen nicht auf der Strecke bleibt, kann der neue Pontifex die Türen, die Papst Franziskus aufgestoßen hat, durchschreiten, ohne auf dem Weg bisherige Glaubenssätze aufzugeben und damit ein echter Brückenbauer sein.
Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)