Papst Franziskus ist am Ostermontag im Alter von 88 Jahren im Vatikan verstorben. Was bleibt vom zwölfjährigen Pontifikat des ersten lateinamerikanischen Papstes, der das Gesicht der katholischen Kirche verändern und vor allem „synodaler“ machen wollte?

Thomas Plaßmann (https://thomasplassmann.de/)
Im Rahmen einer Audienz der Gesellschaft Katholischer Publizistinnen und Publizisten (GKP) hatte ich 2024 die Gelegenheit zu einer kurzen persönlichen Begegnung mit Papst Franziskus im Vatikan. Schon damals war der Pontifex gesundheitlich angeschlagen gewesen, strahlte aber eine geistige Wachheit aus, die mir in Erinnerung geblieben ist.
Bei der Weltsynode im Oktober letzten Jahres und Ende Januar dieses Jahres beim Medienjubiläum anlässlich des Heiligen Jahres 2025 war ich erneut in Rom. Dabei erlebte ich einen Heiligen Vater, der – trotz aller deutlich sichtbaren alters- und krankheitsbedingten Einschränkungen – weiterhin die Kirche verändern wollte. Dies zeigte sich auch in den späteren Entscheidungen des Heiligen Vaters, die dieser bei seinem Klinikaufenthalt, z. B. zur Strukturreform des Vatikans und zur Umsetzung der Synodenbeschlüsse, traf.
Ziel: eine synodale Kirche, die an der Seite der Menschen steht
Papst Franziskus wollte die katholische Kirche „synodaler“ machen und hatte stets dazu aufgerufen, dass diese näher bei den Menschen „an den Rändern der Gesellschaft“ sein soll. Dabei hat er nicht nur sich, sondern auch der Kirche einiges abverlangt. Insbesondere auch den Kurienapparat, den er im Laufe seines zwölfjährigen Pontifikats – oftmals unbemerkt von der Öffentlichkeit – stark umgebaut und auch die in Skandale verwickelte Finanzverwaltung des Vatikans personell und strukturell umgekrempelt hat.
Papst Franziskus musste mit viel Gegenwind kämpfen
Der erste lateinamerikanische Pontifex hatte dabei mit viel Gegenwind zu kämpfen. Einerseits „intern“ von nationalen Bischofskonferenzen, von Bischöfen, von Kardinälen und seiner eigenen Kurie, die den Reformkurs von Papst Franziskus nicht mitgehen konnten oder wollten. Und andererseits von der „Kirchenbasis“, die entweder grundlegendere Reformen erhoffte oder den eingeschlagenen Reformweg ablehnte. Dazu kam Kritik aus der Politik, die sich klarere Aussagen oder Initiativen des Heiligen Vaters zum Krieg in der Ukraine und zu den Auseinandersetzungen im Heiligen Land wünschten.
Zwei Schritte nach vorn und einen Schritt zurück
Infolgedessen versuchte Papst Franziskus mit ungewöhnlichen Wegen und unerwarteten Beschlüssen, die für das Kirchenvolk wie zwei Schritte nach vorne wirkten. Hier seien beispielsweise die „laudato si“ – Enzyklika zum Umwelt- und Klimaschutz und die Weltsynoden 2023/2024 genannt. Aber gleichzeitig musste der Pontifex in einigen Punkten wieder einen Schritt zurückgehen, weil Franziskus entweder die Rückendeckung seiner Kurie fehlte oder konservative Kräfte mit einer Spaltung der katholischen Kirche „drohten“. Hier sei beispielsweise die Frage nach dem Diakonat der Frau sowie der Verzicht auf strukturelle Änderungen zur Macht- und Missbrauchsaufarbeitung benannt. Bei allem – teilweise rebellischen – Reformwillen des Heiligen Vaters waren sowohl die Einheit der Kirche als auch der interreligiöse Dialog seine wichtigsten Ziele.
Fazit: Der Türöffner, der zeigte: Und die Kirche bewegt sich doch!
Papst Franziskus hat während seines Pontifikates viele Türen geöffnet, wo Benedikt XVI. und Johannes Paul II. bewusst oder unbewusst nicht gehandelt haben. Aus dem „unberechenbaren“ Pontifex, wie ihn seine Kritiker betitelten, ist der unvollendete Pontifex geworden, dessen Reformen (oder Reformversuche) die katholische Kirche nachhaltig verändert haben. Denn beispielsweise der Weg zu einer synodaleren Form der Kirche werden auch seine Nachfolger nicht (mehr) stoppen können, denn „nichts ist so beständig wie der Wandel“ (Heraklit).
Auch wenn Papst Franziskus nicht alle Erwartungen – auch die des Autors – erfüllt hat und manche Reform (-versuche) von Papst Franziskus wohl erst mit etwas Abstand richtig erkennbar sein und dann erst gewürdigt werden, hat der Pontifex dennoch gezeigt: Sie bewegt sich doch, die katholische Kirche. Wenn auch manchmal langsamer als erhofft…
Und im Sinne von Papst Franziskus sollte uns dies nicht entmutigen, sondern beflügeln. Denn die katholische Kirche braucht noch viele und vor allem mutige Aufbrüche!
Lesetipps zum 12. Pontifikatsjubiläum von Papst Franziskus:
12 Jahre Papst Franziskus: ein Blick zurück (Teil 1)
12 Jahre Papst Franziskus: ein Blick zurück (Teil 2)
Lesetipp: Nachruf von Dr. Eckhard Bieger SJ zum Tod von Papst Franziskus:
Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)
P.S.: Wir danken Thomas Plaßmann (https://thomasplassmann.de/) für die Abdruckerlaubnis für die Grafik.