„Adventszeit ist Wartezeit“ hat Dietrich Bonhoeffer geschrieben. Doch Warten ist eine Tugend, die nicht nur für den Autor manchmal eine echte Herausforderung ist. Doch dass es sich lohnt, dem Drang zu „Fear of missing out“ (FOMO, Angst, etwas zu verpassen) nicht nachzugeben, wurde jetzt – ganz unerwartet – bei der Weltsynode in Rom deutlich.
Am 26. Oktober 2024 wurde im Vatikan ein kleines Stück Kirchengeschichte geschrieben. Denn zum Ende der Weltsynode 2024, bei der erstmal neben Bischöfen auch Laiinnen und Laien stimmberechtigt waren, wurde nicht nur ein gemeinsames Abschlussdokument beschlossen, sondern dieses wurde überraschend durch Papst Franziskus in der Schlussrede – eins zu eins – übernommen. „Das Schlussdokument ist Teil des ordentlichen Lehramts des Nachfolgers Petri, und ich bitte darum, dass es als solches angenommen werde. Es ist eine Form der Ausübung der Lehrtätigkeit des Bischofs von Rom“, betonte Papst Franziskus in dieser Woche in einer offiziellen Notiz. Der Verzicht auf das ansonsten übliche „nach synodale Schreiben“ überraschte nicht nur die Synoden-Teilnehmenden und Medienschaffenden, sondern auch die „Vaticanisti“ in Rom.
Doch dass die Weltsynode mit dieser „kleinen Sensation“ (ZdK-Präsidentin Stetter-Karp) endete und Papst Franziskus damit die Tür für Reformen aufließ, war wenige Stunden vorher noch nicht absehbar gewesen. Als sich um 16:30 Uhr die Synoden-Delegierten zur nichtöffentlichen Abstimmung des Schlussdokumentes in der Synodenaula trafen, waren viele Delegierte „guten Mutes“, aber auch „angespannt“. Der Druck war spürbar, dass der dreijährige synodale Prozess mit einem guten Ergebnis enden sollte.
Als sich die Abstimmungen hinzogen und die Journalistinnen und Journalisten vor der Synodenaula lange warten mussten, machten bereits erste Kommentare zum Abschluss der Synode die Runde im Web. Ganz nach dem Credo: Was soll wohl noch geschehen? Im Vatikan geschehen selten Überraschungen. Doch der Autor wartete – mit weiteren deutschen Kolleginnen und Kollegen – weiter vor der Synodenaula. Und dieser Mut zum Warten und zum Verzicht auf die (vor-)schnellen News wurde schlussendlich belohnt.
Es war nur ein kleiner Satz in der Abschlussrede von Papst Franziskus zur Weltsynode, doch dieser hatte es in sich. Die Journalisten und Journalistinnen, die ausgeharrt hatten, konnten bei diesem kleinen Stück Kirchengeschichte, die wohl ein Teil des pontifikalen Vermächtnisses von Papst Franziskus werden wird, live in der Synodenaula dabei sein.
**„Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig sein“ (Matthäus 24:13) **
Auch ein Blick in die Bibel verrät, dass das Ausharren bereits im Alten Testament beschrieben wird. Hiob und Hanna werden dort als Beispiele für Geduld beschrieben. Und im Neuen Testament betete Paulus dafür, dass „sie alles in Geduld ertragen“. Aber auch die Geduld Gottes wird in der Bibel beschrieben: Vor der Sintflut wartete Gott geduldig, während Noah die Arche baute, und gab den Menschen 120 Jahre Zeit, um von ihren falschen Wegen umzukehren (Genesis 6:3).
Fazit: Manche Dinge brauchen Zeit, vor allem in der römisch-katholischen Kirche. So wie jetzt bei der Weltsynode 2024, deren Beschlüsse – da sind sich Synoden-Teilnehmende und Medienschaffende einig – nur ein erster Schritt sein dürfen. Viele weitere mutige Schritte werden dezentral in den Diözesen und im Vatikan notwendig sein. Auch wenn dies bedeutet, noch etwas warten zu müssen. Am Ende (be-)lohnt sich der Mut des Wartens und auch „Fear of missing out“ (FOMO, Angst, etwas zu verpassen) auszuhalten.
„Adventszeit ist Wartezeit, unser ganzes Leben aber ist Advents - das heißt Wartezeit aufs Letzte, auf die Zeit, da ein neuer Himmel und eine neue Erde sein wird“, hat Dietrich Bonhoeffer bereits in „Barcelona, Berlin, Amerika 1928-1931“ geschrieben.
Ich wünsche eine gesegnete Adventszeit und vor allem: Mut zum Warten!
Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)