In der „Dinner for one“-Fernsehsendung ist ein Satz Kult: “same procedure as every year“. Und auch in der katholischen Kirche ist dieser Satz vielerorts immer noch Programm. Doch für die jungen Generationen ist dies keine Antwort, weder in der Gesellschaft noch in der Kirche. Dies belegen zwei frisch erschienene Studien und die in die finale Phase eintretende Weltsynode 2024, an welcher im Vatikan zwar kaum junge Menschen teilnehmen (dürfen), aber ihre Stimmen dennoch nicht zu überhören sind.
Vor kurzem ist die Shell-Jugendstudie 2024 erschienen. Das Ergebnis ist aus kirchlicher Sicht eine schlechte Nachricht: Religion spielt bei christlichen Jugendlichen eine immer geringere Rolle. „Nur noch die Hälfte gehört einer der beiden großen christlichen Kirchen an“ und 38 Prozent der jungen Katholik:innen gaben an, dass ihnen der Gottes-glaube wichtig sei. Dies hat auch konkrete Auswirkungen auf den Glaubens-Alltag: „Von allen 12-bis 25 Jährigen beten 18 % mindestens einmal in der Woche, 31 % seltener. 49 % beten nach eigener Aussage nie – letzteres sagten im Jahr 2002 nur 29 %“, so die Studie.
Das Problem ist dabei weniger ein mangelndes Interesse an religiösen oder spirituellen Themen, sondern allem die Kritik an der „Institution Kirche“, die „keine angemessenen Antworten für junge Menschen findet“, kritisierte BDKJ-Bundespräses Dr. Stefan Ottersbach gegenüber domradio.de. „Die Shell-Studie zeige, dass junge Menschen kein Vertrauen mehr in die Kirche haben und dort keinen authentisch gelebten Glauben mehr finden“, so Ottersbach weiter. Hier gelte es daher anzusetzen.
Ein weiterer Grund für den Bedeutungsverlust der Institution Kirche belegt eine Umfrage der Managementberatung Horvath: Demnach wünschen sich 56 Prozent der 18- bis 29-Jährigen „eine deutlichere Positionierung der Kirchen bei gesellschaftlichen und politischen Themen“. Auch hier zeigt sich wieder eine Sprachlosigkeit der Amtskirche(n).
Dabei hat Papst Franziskus im Sommer 2025 – im Rahmen des „Heiligen Jahres“ auch junge Menschen aus der ganzen Welt nach Rom eingeladen. Nach der Ministran:innen- Wallfahrt in diesem Jahr wird auch im nächsten Jahr viele junge Menschen das Gesicht der ewigen Stadt prägen. Umso verwunderlicher ist es, dass der Heilige Vater nur wenige junge Menschen unter 35 Jahren zu Mitgliedern der in die finale Phase eintretende Weltsynode 2024 berufen hat (wie auch schon im letzten Jahr).
Dennoch sind die Stimmen junger Menschen aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Südtirol derzeit in Rom an vielen Stellen im Umfeld der Generalversammlung der Bischofssynode zu hören. Gegenüber „Vatican.News“ forderten Jugendvertreter:innen mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten in einer Weltkirche: „Wir wünschen uns, dass die Jugend in dieser Kirche Raum findet". In der Synodenaula gebe es bisher nur zwei jüngere Teilnehmer“, betonte BDKJ-Bundesvorsitzender Gregor Podschun, den explizit.net zur Weltsynode 2024 befragt hat:Weltsynode: "Die prophetische Kraft der Jugend einbinden" - Interview mit BDKJ-Vorsitzenden Gregor Podschun
Fazit: Kirche muss ihre Sprachlosigkeit gegenüber jungen Menschen überwinden und diese gleichberechtig die Zukunft der Kirche mitgestalten lassen!*
„Nichts ist beständiger als der Wandel“ sagte einst Heraklit. Doch bis der Wandel die hohen vatikanischen Mauern überwunden hat, ist es ein weiter – mitunter zäher und von Rückschlägen gezeichneter – Weg. Die Ungeduld nicht nur der jungen Katholik:innen ist verständlich. Wenn von der Weltsynode 2024 ein neuer (Auf-) Schwung für die katholische Kirche entstehen soll, müssen die systemischen Ursachen für (Macht-) Miss-brauch angegangen und Antworten auf die brennenden Fragen der Gläubigen gefunden werden.
„Wir brauchen eine Kirche, die offener wird, die vor Ort in den Ländern und Diözesen Veränderungen und eine Freiheit und Vielfalt zulässt", betonte Gregor Podschun gegenüber „Vatican.News“. Das dadurch keine Kirchenspaltung drohe verdeutlichte Essens Bischof Franz Josef Overbeck, der sich dafür aussprach, „in der Weltsynode ein großes Spektrum zu eröffnen und unterschiedliche regional-kulturelle Lösungen zuzulassen. Wir müssen dafür sorgen, dass Einheit durch Verschiedenheit und in Verschiedenheit möglich wird". Start der Weltsynode: Essens Bischof Franz-Josef Overbeck spricht sich für "Einheit in Vielfalt" aus
Allerdings egal ob Reformen oder Beibehaltung des „status quo“: Nur, wenn die Kirche ihre Sprachlosigkeit gegenüber den jungen Menschen überwindet und diese gleichberechtigt die Zukunft der Kirche mitgestalten lässt, wird auch die Bedeutung von Kirche und Religion bei den jungen Generationen wieder steigen. Nicht nur in Deutschland.
Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)