Gerade haben die Semesterferien begonnen, vielerorts laufen die Schulferien. Auch Papst Franziskus tritt derzeit bewusst kürzer und mahnt zugleich vor einer „Diktatur des Handelns“. Dabei bietet die Sommerzeit eine gute Gelegenheit, um innezuhalten, Luft holen und sich neu fokussieren. Das macht den Kopf frei, um neu denken zu können. Und neue Ideen braucht die Kirche!
katholisch.de meldete kürzlich, dass Papst Franziskus derzeit weniger Termine wahrnimmt und „mehr lesen, beten und schlafen“ möchte. Zugleich berichtet das Nachrichtenportal, dass Pontifex vor „blinden Aktionismus“ warne, der in der Gesellschaft, Kirche und Seelsorge eine „Diktatur des Handelns“ erzeuge. Als Begründung verwies Papst Franziskus auf die biblische Erzählung der „Speisung der Fünftausend“ (Matthäus 14, 13), in der Jesus Christus seine Begleiter:innen aufforderte, sich auszuruhen, weil sie erschöpft seien. „Nur wenn wir lernen auszuruhen, können wir Mitgefühl haben“, wird Papst Franziskus zitiert, der dazu ermutigte, sich Zeit zu nehmen und nicht in Hektik zu verfallen. Sonst drohe das Wesentliche aus dem Blick zu verlieren!
„Reformstau“ erlaubt eigentlich kein Innehalten
Machen wir uns nicht vor: Die derzeitige Situation der Kirche erlaubt eigentlich kein großes Innehalten. Der „Reformstau“ (ZdK), den der „Synodale Weg“ und die erste Sitzung der „Weltsynode“ aufgezeigt haben, ist groß. In Deutschland, in Europa und in der Welt.
Dazu kommen „hausgemachte“ Probleme, wie der Vertrauensverlust der jungen Katholik:innen (s. Kath.de - Kommentar: https://www.kath.de/kommentar/2024-07-07-kirche-muss-vertrauen-der-jugend-zurueckgewinnen) oder die mangelnde Transparenz und Dialogfähigkeit kirchlicher Akteure – bewusst rein männlich formuliert (s. Kath.de - Kommentar: https://www.kath.de/kommentar/2024-07-13-weltsynode-mehr-dialog-und-transparenz-wagen).
Doch Papst Franziskus hat zu Beginn des Jahres Journalist:innen zu einer „sprachlichen Abrüstung“ und zum „Brückenbauen“ aufgerufen (s. Kath.de – Kommentar: https://www.kath.de/kommentar/2024-01-06-kirche-braucht-unabhaengige-medien-die-bruecken-bauen-aber-sich-trauen-auch-mal-gegen-den-strom-zu-schwimmen). Und genau dies könnte der Schlüssel sein, um wieder neue Wege für den Dialog (auch zwischen Deutschland und dem Vatikan) zu finden.
In der Sommerzeit, in der weder Plenarsitzungen im Bundestag noch die Fußball-Bundesliga die Gemüter der Bürger:innen erhitzen und vielmehr die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris zu weltweiter Gemeinschaft im Frieden aufrufen – tut eine Auszeit gut, um wieder den Kopf freizubekommen. Zuletzt bemühten sich die Deutsche Bischofskonferenz und der Vatikan sichtlich das angespannte Verhältnis rund um den „Synodalen Ausschuss“ zu beruhigen. Vielleicht hilft da eine (Sommer-) Pause, um das Gehörte und Gelesene „wirken“ zu lassen. Denn eigentlich liegen alle Argumente für eine Lösung des „Konfliktes“ bereits auf dem Tisch. Nur noch sind sie im Blätterstapel von vatikanischen Schreiben und (Antwort-) Schreiben von Bischöfen (DBK) und Lai:innen (ZdK) versteckt. Etwas Abstand und den Mut, neue Ideen zuzulassen, könnten helfen.
Denn die von Papst Franziskus kritisierte „Diktatur des Handelns“ entsteht oft dadurch, dass das „Reiz-Reaktions-Schema“ immer schnellere Reaktionen bedingt. Oft ist nicht genügend Zeit, um sich mit den Argumenten aller Seiten richtig zu beschäftigen. Dazu tragen teilweise auch (kirchliche) Medien bei, wenn sie Einzelmeinungen in den Mittelpunkt stellen und dabei andere Stimmen nicht zu Wort kommen oder eine neutrale Einordnung vermissen lassen.
„Ausdruck von Loyalität zur Kirche“
Wenn katholische Journalist:innen auf Probleme und Missstände in ihrer Kirche aufmerksam machen, dann sei dies ein „Ausdruck von Loyalität katholischer Journalistinnen und Journalisten zu ihrer Kirche“, betonte kürzlich die Gesellschaft Katholischer Publizistinnen und Publizisten Deutschlands e.V. (in der auch der Autor mitarbeitet) in einer Stellungnahme auf www.gkp.de.
Denn der – kritische und stets begründete – Blick auf die katholische Kirche in Deutschland und im Vatikan ist keine „Nestbeschmutzung“ oder der Ausdruck von „mangelnder Wertschätzung“ gegenüber dem Glauben. Sondern diese bezieht sich allein auf die Institution Kirche. Und diese Institution kann und muss besser werden, damit neuer Missbrauch verhindert wird und wieder mehr Menschen ihre Heimat in der Kirche finden können.
Und eins muss auch klar benannt werden: Ein zwischenzeitliches „Innehalten“ darf dabei keine Ausrede für Nichthandeln oder das von Altkanzler Helmut Kohl favorisierte „Aussitzen“ der großen Herausforderungen sein, vor der die (kath.) Kirche derzeit steht. Besonders auch im Vatikan.
Aber ein zwischenzeitliches „Innehalten“ kann helfen, um Herausforderungen in Chancen zu verwandeln. Und um neu denken zu können. Und neue Ideen braucht die (katholische) Kirche!
Text: Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)