Kirche muss Vertrauen der Jugend zurückgewinnen!

Das Vertrauen in die Institution Kirche ist – besonders bei jüngeren Generationen – zurückgegangen und hat in der in der kath. Kirche zuletzt einen zusätzlichen „Knacks“ durch das Handeln einiger Bischöfe bekommen. Trotzdem zeigt die SI- NUS-Jugendstudie 2024, dass die Mehrheit der Jugendlichen „mitreden möchte“. Es ist an der Zeit, jungen Menschen – auch in religiösen Gemeinschaften – mehr Beteiligungsmöglichkeiten zu geben. Dadurch kann Vertrauen entstehen

„Wie ticken Jugendliche?“

Seit 2008 untersucht das SINUS-Institut alle vier Jahre die Lebenswelten der 14- bis 17-jährigen Teenager in Deutschland. Dabei lautet die Frage stets: „Wie ticken die jungen Menschen und hat sich etwas an der Befindlichkeit der jungen Generation verändert?“

Eine der Kernergebnisse macht dabei Mut. Trotz multipler Krisen (sogenannten „Stapelkrisen“) stehen bei den jungen Menschen soziale Werte und der Einsatz gegen „soziale Ungleichheit“ hoch im Kurs. Auch wenn seit der letzten SINUS- Studie 2020 keine stärkere Politisierung belegt werden konnte, möchte die Generation Z aber nicht die Hände in den Schoß legen:

„Die Mehrzahl der Jugendlichen, quer durch die Lebenswelten, möchte mitreden, sich mitteilen und Gehör finden – ob in der Familie, im (Sport-)Verein, in der Jugendgruppe oder der religiösen Gemeinschaft.“ (SINUS-Studie 2024).

Für den Einsatz junger Menschen belegt die Studie allerdings auch Hürden: „Barriere Nummer eins, an der Mitsprache und Mitgestaltung der jungen Generation oft scheitern, sind aber „die Erwachsenen“, von denen sich viele Jugendliche nicht ernst genommen und respektiert fühlen, die nicht auf sie eingehen bzw. die sie als inkompetent, naiv und unerfahren diskreditieren.“

Demokratie als Lernfeld für die Kirchen

Wer schon einmal z.B. in einem, Pfarrgemeinderat erlebt hat, wie Vorschläge der Jugendvertreter:innen abgewiesen werden, weil sie gegen das Mantra „das haben wir schon immer so gemacht“ verstoßen, merkt, dass auch innerhalb der (kath.) Kirche noch viel Nachholbedarf im Bereich Mitbestimmung junger Menschen besteht. Demokratie als Lernfeld für die Kirchen.

Dies betrifft beispielsweise auch die Kritik an der geringen Beteiligung der jüngeren Generationen an der Weltsynode in Rom, den der Autor dieses Kommentars auch im Januar 2024 bei einer Reise in Rom an das Synodensekretariat richtete. Dort wurde auf die bisherigen Beteiligungsformate in den Diözesen verwiesen. Weitere „junge“ Delegierte wurden aber nicht nachnominiert.

Dass es auch anders gehen kann, belegt z.B. das Bistum Essen, in dem Jugend- vertreter:innen feste Plätze im neuen „Synodalen Rat“ erhalten haben (und diese selbst festlegen können).

Dass es nicht unmöglich ist, jungen Menschen Handlungsoptionen zu ermöglichen, zeigt das dritte und letzte Zitat aus der SINUS-Jugendstudie 2024: „Alles in allem sind die befragten Jugendlichen der Ansicht, dass sie am ehesten in einem geschützten Rahmen bzw. im persönlichen Nahbereich etwas bewirken können und dass sie nur erfolgreich sein können, wenn andere Gleichgesinnte mitziehen und sich gemeinsam für eine Sache einsetzen.“ Gerade dies wird in den (kath.) Jugendgruppen und Jugendverbänden ermöglich.

„Junge Menschen wollen sich aktiv in unsere Gesellschaft einbringen. Sie sind auf der Suche nach Mitstreiterinnen, um sich für ihre Anliegen einzusetzen es lohnt sich, sich gemeinsam mit jungen Menschen auf den Weg zu machen und ihnen mit ernsthaftem Interesse zuzuhören“, betonte BDKJ-Bundesvorsitzende Lena Bloemacher bei der Vorstellung der SINUS-Studie 2024.

Deshalb ist es so wichtig, die Arbeit von Jugendgruppen vor Ort (finanziell, struk- turell und personell) abzusichern. Denn Jugendverbände sind Werkstätten der Demokratie, die jungen Menschen zeigen: Auch in der (kath.) Kirche habe ich Räume und Möglichkeiten der Mitbestimmung.

Fazit: Wir brauchen einen „Dialog auf Augenhöhe“!

„Selbst- und Mitbestimmung“ in der (kath.) Kirche muss von den Bischöfen und Generalvikaren allerdings auch ermöglicht und ernst genommen werden. Und darf sich nicht nur auf den Jugendbereich beschränken, sondern sollte auch Gremien wie die Katholikenräte oder die Diözesanräte einbeziehen. Es braucht einen „Dialog auf Augenhöhe“ zwischen Lai:innen und Klerus, sonst droht ein weiterer „Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust“ (BDKJ-Bundesverband).

Und nur durch den Dialog und die Abgabe von Macht (oder zumindest das Teilen von Macht), kann die (kath.) Kirche auch wieder Vertrauen zurückgewinnen. Noch sind - auch jüngere Generationen - dazu bereit, aber das Zeitfenster schließt sich, wenn nicht endlich gehandelt wird!

Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)