Bei der Europawahl 2024 können erstmals auch Jugendliche ab 16 Jahren wählen. Allein in Deutschland werden am 09. Juni eine Million junge Wähler:innen zusätzlich an die Urne gerufen. Ein wichtiger Schritt zu mehr demokratischer Beteiligung der Jugend, die auf alle Wahlen ausge-weitet werden sollte. Aber politische Teilhabe darf sich nicht allein nur auf Wahlen beschränken.
Bastian Bohl und Dominik Hafner (DBJR)
Die Stimmen der jungen Wähler:innen sind zwar statistisch gegenüber den Seniorbürger:innen bei den Wahlen weiterhin unterrepräsentiert, aber durch die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahren steigen die Teilhabemöglichkeiten der jungen Generationen. Und das ist gut so!
Denn kaum eine Generation zeigt mehr politisches Interesse und Einsatz, wie junge Menschen mit 16, die sich beispielsweise bei „Fridays for Future“ für den Klimaschutz, für den Erhalt des Bil-dungssystems, gegen Rechtspopulismus oder wie bei der „72-Stunden-Aktion“ des BDKJ für sozi-ale Projekte einsetzen. Und dies in einer Zeit, in der andere Generationen entweder „resigniert“ oder sich mit dem System „arrangiert“ hatten und die „change“-Bewegung ausbleibt.
Die Generationen der „Babyboomer“ und der Generation „X“ - zu Letzterer gehört auch der Autor dieses Kommentars – können froh sein, dass die jungen Menschen sich nicht vom „Desinteresse“ und „Ablehnung“ der älteren Generationen haben abschrecken lassen. Dem kontinuierlichen En-gagement der Generationen „Z“ (und bald der Generation „alpha“) ist es zu verdanken, dass zu-künftige Generationen (hoffentlich) noch eine bewohnbare Erde vorfinden können.
Aber nicht nur beim Thema Klima: Wenn man sich beispielsweise die Abstimmungen zum „Brexit“, zum „No“ für die Selbstständigkeit Schottlands oder die Wahlerfolge der AfD anschaut zeigt sich, dass diese wahrscheinlich nicht eingetreten wären, wenn mehr junge Menschen ab 16 Jahren wahlberechtigt gewesen (und dann auch tatsächlich zur Wahl gegangen) wären.
Alle Wahlen ab 16 Jahren öffnen!
Wahlen werden oftmals als „Grundpfeiler der Demokratie“ (Quelle: Deutscher Bundestag) be-zeichnet. Durch die Absenkung des Wahlalters für die Europawahl auf 16 Jahre wird 2024 allein in Deutschland eine Million jungen Wähler:innen die Teilhabe daran ermöglichen. Und was bei den Europawahlen und Kommunalwahlen (z.B. in NRW) möglich ist, sollte auch bei den Landtags-wahlen und bei den Bundestagswahlen ermöglicht werden (auch wenn dies eine Grundgesetzän-derung bedingt). Unterstützer:innen für diesen Vorschlag gibt es bereits, aber trotzdem ist die Um-setzung z.B. im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW, derzeit weiterhin noch offen.
Politische Teilhabe darf nicht nur auf „Wahlberechtigte“ begrenzt sein
Oder anders ausgedrückt: „Kinder an die Macht“, wie schon Herbert Grönemeyer 1986 besang. Aktionen, wie die „U18-Wahlen“, die am 27. Mai 2024 wieder bundesweit stattfinden, setzen sich dafür ein, dass Kinder – egal welcher Nationalität – nach Paragraf 2 der Kinderrechtskonvention in Deutschland gleichbehandelt werden und ihre Stimmen gehört werden. Auch wenn die „U18“ – Wahlen nur rein symbolisch sind, fördern sie nicht nur das demokratische Handeln, sondern die „Wahlergebnisse“ sind auch ein Zeichen, wie junge Menschen über Politik und Parteien denken und wie sich zukünftig die Demokratie in Deutschland (weiter) entwickeln könnte.
Fazit: Demokratie lebt von der Beteiligung, und zwar möglichst früh!
Die Zukunft der demokratischen Systeme – nicht nur in Deutschland - hängt davon ab, ob die jun-gen Generationen das Gefühl haben, dass ihre Stimmen gehört und dass sie real beteiligt werden. Nur wenn die Interessen der jungen Wähler:innen wirklich berücksichtigen werden, kann das de-mokratische System weiterhin aufrechterhalten werden. Sonst verlieren die Wahlen (wie an den Unis) an Bedeutung für die Lebenswirklichkeit junger Menschen. Und dann würde der Satz “Stell‘ Dir vor es sind Wahlen und keiner geht mehr hin“ zu bitterer Realität werden.
Noch besser wäre es zudem, wenn junge Menschen – wie in den katholischen Jugendverbänden - in allen demokratischen Prozessen (mit-) beteiligt werden. Und dies auch abseits der nur alle vier bis fünf Jahre stattfindenden Wahlen. Daher ist es wichtig, dass den Stimmen junger Menschen zukünftig (mehr) Gehör geschenkt wird. In der Politik, genauso wie in den Kirchen und der Gesell-schaft! Denn Demokratie lebt von der Beteiligung, und zwar möglichst früh!
Lesetipp: Mehr als zwei Drittel der jungen Menschen engagieren sich in Deutschland für das Gemeinwohl „Katholische Jugend: Die Welt ein Stück besser machen“ -Kath.de-Kommentar vom 20.04.2024 „Katholische Jugend: Die Welt ein Stück besser machen“
Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)