Eberhard Schockenhoff war ein ausgezeichneter Moraltheologe, sein Wirken ging aber weit über die Grenzen seines Fachs und die des Akademischen hinaus. Sein Tod ist ein schmerzhafter Verlust für Wissenschaft und Kirche, aber auch für die Christdemokratie. Was Schockenhoff jedoch wirklich besonders machte, war seine Fähigkeit, die Theologie im wissenschaftlichen Diskurs anschlussfähig zu halten, schreibt unser Gastautor Patrick Heinemann. Als Student erlebte er den Dozenten Schockenhoff zudem als „wahnsinnig herzlichen Menschen“ und als Seelsorger.
Der jähe Tod Eberhard Schockenhoffs markiert einen schmerzhaften Verlust für Wissenschaft und Kirche, aber auch für die Christdemokratie in diesem Land. Dass er ein ausgezeichneter Moraltheologe war, davon wird sein stupendes Oeuvre noch lange Zeugnis ablegen. Was Schockenhoff jedoch wirklich besonders machte, war seine Fähigkeit, die Theologie im wissenschaftlichen Diskurs anschlussfähig zu halten.
Auch Nichtkatholiken hörten ihm zu
Rege war sein Austausch über die Grenzen des eigenen Fachs hinaus. Vor allem wer sich mit Fragen der Bioethik und Konfliktlagen am Ende des Lebens beschäftigte, kam an ihm nicht vorbei. Mediziner, Juristen und Historiker kannten und schätzten ihn gleichermaßen.
Schockenhoffs Wirken ging aber weit über akademische Kreise hinaus: Mit seinem Engagement im Nationalen, später Deutschen Ethikrat setzte er starke Impulse in Politik und Gesellschaft. Er gehörte zu der immer kleiner werdenden Zahl von Katholiken, die nicht nur meinen, etwas zu sagen haben, sondern denen auch Nichtkatholiken gelegentlich noch zuhören. Damit stand der Priester Schockenhoff für eine Kirche, die sich nicht von der Realität abschottet. Innerkirchlich machte er sich damit nicht nur Freunde. Früh warnte er vor neurechten Sektierern wie den Piusbrüdern.
Sexualmoral mit Humanwissenschaften erneuern
Doch das Katholische an seinem Profil erschöpfte sich bei ihm eben nicht nur in Fragen der Präimplantationsdiagnostik und des Lebensschutzes. Wenn er sich für eine Erneuerung der kirchlichen Sexualmoral einsetzte, die nach seiner Auffassung nicht erst seit der Aufdeckung sexuellen Missbrauchs überfällig war, dann ging er dabei von einem dezidiert christlichen Menschenbild aus. Gerade in der Sorge um homosexuelle Mitchristen mahnte sein scharfer Verstand die Kirche, sich nicht länger den Erkenntnissen der gegenwärtigen Humanwissenschaften zu verschließen.
Seelsorgender Vertrauensdozent
Eher unter dem Radar blieb sein Engagement für die christdemokratische Konrad-Adenauer-Stiftung. Wer als Stipendiat das Glück hatte, ihn zum Vertrauensdozenten zu haben, der konnte nicht nur einen beeindruckenden Intellektuellen, sondern auch einen wahnsinnig herzlichen Menschen erleben. Für nicht wenige seiner Studentinnen und Studenten war er im wahrsten Sinne des Wortes Seelsorger. Wenn dem schwäbischen Wahl-Freiburger heute die Glocken des Münsters läuten, werde ich nicht nur traurig, sondern auch sehr dankbar sein.
Als Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung hatte der Autor von 2009 bis 2012 Eberhard Schockenhoff zum Vertrauensdozenten.