Technologie: Spielzeuge oder Glaubensvermittler?

Die „gottesdienstlose Zeit“ in Folge der Corona-Pandemie hat die Debatte über neue Formen digitaler Glaubensvermittlung angefacht. Sind Streaming-Gottesdienste oder Zoom-Andachten sinnvoll, oder gar „gültig“? Können digitale Hilfsmittel und Gadgets neue Impulse für das Glaubensleben geben? Der Vatikan hat einen Vorstoß gewagt, der erstaunlicherweise seiner Zeit voraus ist: Ein digitaler Rosenkranz mit Bluetooth und App.

„Click To Pray eRosary“ lautet der offizielle Name des vom Vatikan herausgegebenen digitalen Rosenkranzes. Gestartet ist das Projekt bereits im Rahmen des außerordentlichen Missionsmonats im Oktober 2019 in Rom. Seit kurzem ist der digitale Rosenkranz auch in Deutschland verfügbar und möchte dabei vor allem junge Menschen das Beten des Rosenkranzes näherbringen. Klappt die Verbindung von Glauben und Technik oder ist der „eRosary“ nur ein technisches Spielzeug wie viele andere?

Im Zeichen des Kreuzes

Auf den ersten Blick sieht der „eRosary“ eher wie ein Schmuckstück aus, nicht wie ein technisches Gadget. Ein silbernes Kreuz bildet gemeinsam mit zehn Obsidianperlen eine Kette, die um das Handgelenkt getragen wird. Doch im Kreuz sind ein Chip und ein Akku versteckt, um per Blueetooth mit der kostenlosen App in Kontakt zu treten. So wird der Rosenkranz damit zum digitalen Gebetshelfer.

„Aktiviert“ wird der digitale Rosenkranz durch ein Kreuzzeichen über dem Smartphone. Die kostenlose App führt die Betenden – begleitet mit Texten, Bilder oder Audio-Einblendungen – durch verschiedene Formen des Rosenkranz-Gebetes. Jedes Beten wird an die App übertragen und dort als „Fortschritt“ gezählt. Gezählt werden auch die optionalen thematischen Gebete. Die Brücke zur „irdischen“ Welt schlägt der eRosary übrigens auch: Er dient nebenbei als Fitnesstracker.

**Werkzeug zur Evangelisierung in der digitalen Welt **

Papst Franziskus und seine weltweite Gebetsinitiative „Click To Pray“ setzen mit dem eRosary vor allem auf die Hoffnung, junge Menschen das traditionelle Rosenkranzgebet näherbringen zu können – mit den Worten des Heiligen Vaters: „Durch die digitale Welt kommt das weltweite Gebetsnetzwerk sowohl jungen als auch älteren Menschen nahe und hilft ihnen, dem traditionellen Gebetsapostolat neue Lebendigkeit zu verleihen.“

Der „eRosary“ ist Teil des weltweiten Gebetsnetzwerk des Papstes „Click To Pray“, welches im Web sowie per App vor allem junge Menschen zum Gebet animieren möchte. Beim Weltjugendtag 2019 in Panama hatte "Click To Pray" seinen Start und ist seitdem gewachsen. In den letzten 30 Tagen wurden dort – nach eigenen Angaben – über 1,25 Millionen Gebete registriert.

Mehr als technische Spielerei

Aus meiner Sicht ist beim „eRosary“ die Verbindung von Glauben und Technik geglückt. Bei meinem Test an den Ostertagen „fühlte“ sich der Rosenkranz nicht wie ein technisches Spielzeug an. Die technischen Funktionen traten in den Hintergrund und ließen genügend Raum, sich auf das Beten einzulassen.

Aber wird ein Gadget, das rund 100 Euro kostet, so wertig es auch hergestellt und so gut auch die Inhalte in der APP auch digital aufbereitet sind, junge Menschen dazu verleiten, sich dem Gebet des Rosenkranzes zuzuwenden? In der Altersgruppe der 27-Jährigen bezeichnen viele den Rosenkranz als „verstaubtes Ritual“.

Das Gadget alleine wird wohl nicht reichen. In Verbindung mit der weltweiten Gebetsgemeinschaft „Click To Pray“ kann es aber gelingen, das hat der Weltjugendtag 2019 in Panama gezeigt. Die Idee, junge Menschen weltweit über das Gebet miteinander zu verbinden, hat enormen Zulauf. Dabei können die Angebote der Kirche „ankommen“, wenn sie „authentisch“ sowie „modern“ sind und gleichzeitig die Userinnen und User miteinbeziehen. Evangelisierung und Mission dürfen heute keine Einbahnstraßen-Kommunikation mehr sein, sondern benötigen einen „Dialog auf Augenhöhe“.

Wenn bei einem zukünftigen Update des „eRosary“ junge Menschen selbst mitwirken und die Inhalte mitgestalten könnten, kann die Verbindung von Glauben und Technik gelingen. Die neue Jugendbibel des BDKJ „Wir erzählen die Bibel“ ist dafür ebenfalls ein gutes Beispiel. Vielleicht ist der „eRosary“ auch ein spannendes medienpädagogisches und theologisches Thema für die Firmvorbereitung 2020 in Corona-Zeiten.

Mehr Details zum „eRosary“ gibt es übrigens auf unserem Partnerportal explizit.net:

Christian Schnaubelt
Redaktionsleiter explizit.net
Ressortleiter Medien