Privatsphäre im Netz: Ausbau ohne Hintertüren!

Warum der jüngste Vorschlag zur End-to-End-Verschlüsselung von Messengern von Facebook ausnahmsweise einmal Sinn macht und warum „Hintertüren für die Guten“ dagegen nicht.


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Wer am Freitagabend die Tagesthemen – Sendung verfolgt hat, ist wahrscheinlich auch über einen Beitrag gestolpert: USA, Großbritannien und Australien wenden sich gegen den Vorschlag von Facebook-Chef Mark Zuckerberg die End-to-End-Verschlüsselung bei den Messenger-Diensten auszuweiten. Wie die „ZEIT“ berichtete, will „Facebooks WhatsApp und Messenger sowie die Kommunikationsfunktion von Instagram auf eine gemeinsame technische Plattform mit sogenannter Ende-zu-Ende-Verschlüsselung umstellen.“ Bei dieser „Komplettverschlüsselung“ sind Inhalte grundsätzlich nur für den Absender und den Empfänger sichtbar, auch Facebook kann nicht mehr mitlesen. Eine solche Verschlüsselung ist derzeit bereits bei WhatsApp möglich und lässt sich beim Facebook Messenger für einzelne Konversationen einschalten.

Diese „End-to-End“-Verschlüsselungstechnik will Facebook nun innerhalb seiner Konzern-Dienste weiter ausbauen. Diese Entscheidung von Mark Zuckerberg macht auf den ersten Blick skeptisch. Warum will ein Unternehmen, welches zuletzt wegen seiner Datensammelwut und mehreren Datenskandalen mehr denn je in der Kritik stand, freiwillig auf Daten verzichten? Eine denkbare Antwort wäre, das Facebook bereits genügend Geld mit den Personen-Metadaten im Facebook-Imperium verdient und daher die persönlichen Nachrichten keinen hohen Verkaufswert haben. Eine andere Erklärung wäre, dass Facebook seine Reputation bei den Usern wieder steigern will, indem der US-Konzern mit der stärkeren Verschlüsselung auf Datenschützer-Forderungen eingeht. So oder so ist die Grundaussage von Mark Zuckerberg richtig. Ausnahmsweise! Denn das Netz braucht mehr Privatsphäre und dies kann - wie bereits der Whistleblower Edward Snoden betonte – am besten über Verschlüsselung erreicht werden. Jeder Userin und jeder User hat ein Recht auf eine sichere Kommunikation, die nicht mitgelesen wird. Dieses nach Art 5 GG (Meinungsfreiheit) und Art 10 GG (Postgeheimnis) verankerte Bürgerrecht gilt auch im digitalen Raum (Web) und sollte nicht weiter ausgehöhlt werden. Auch nicht von den „Guten“!

Auch die „Guten“ sollen keine Hintertür für Messenger-Dienste erhalten

Denn anstatt Applaus schlug dem Vorschlag von Mark Zuckerberg prompt Kritik entgegen. Die USA, Großbritannien und Australien forderten ihn in einem offenen Brief auf, die Pläne einzustellen, wenn den Staaten kein Zugriff über eine „Hintertür“ eröffnet wird. Damit sollen vornehmlich Straftaten wie Kinderpornographie verhindert werden. Dies ist zwar lobenswert und der Einsatz gegen die Kinderpornographie im Netz sollte meiner Meinung nach unbedingt ausgeweitet werden, aber wer kontrolliert den ungehinderten Zugang der „Guten“ zu den Messenger-Diensten? Der von Edward Snowden aufgedeckte Datenskandal der NSA zeigt, dass auch im Namen des „Guten“ eine enorme Datensammelwut herrscht und es keine (externe) Kontrolle der „Guten“ gibt.

Übrigens forderte Innenminister Horst Seehofer laut „ZEIT“ im Mai 2019 ebenfalls den Zugang von Nachrichtendiensten zu End-to-End-verschlüsselten Nachrichten zu gewähren. Und obwohl die Bundesregierung offiziell keine Verschlüsselungsverbote aussprechen möchte, will sie formal doch einen Zugang auf die Messenger-Daten der deutschen Bürgerinnen und Bürger durch die „Hintertür“. Und dies obwohl bereits jetzt per richterliche Anordnung Handys und Laptops beschlagnahmt und Provider zur Herausgabe von Verbindungs- und Nutzerdaten gezwungen werden können.

Ein Verzicht auf eine „End-to-End“-Verschlüsselung in Messenger-Diensten würde die Userinnen und User nicht „beschützen“, wie es die Befürworter behaupten, sondern im Gegenteil mehr gefährden. Denn ungesicherte Kommunikation kann auch von den „Bösen“ abgefangen, manipuliert und sogar gegen die „Guten“ eingesetzt werden. Daher wendeten sich zahlreiche Organisationen, wie der Chaos Computer Club, auch gegen die Forderung der Bundesregierung für „Hintertüren“.

Mein Fazit lautet: Wir brauchen mehr Privatsphäre im Netz und das ohne Hintertüren!

Lesetipp zum Thema: Edward Snowden: Permanent Record – Meine Geschichte, S. Fischer-Verlag (eine Rezension wird am 10. Oktober auf explizit.net verfügbar sein)