Die Temperaturen sind wieder gesunken. Am vergangenen Wochenende war die Hitze bei bis zu um die 40 Grad Celsius vielerorts fast unerträglich. Die Heißluft aus der Sahara führte nicht nur zu viel Schweiß, sondern auch zu der Erkenntnis: Der Sommer 2018 wird wohl nicht allzu lange als „Rekordsommer“ gelten. Der Klimawandel wird das Landleben in Zukunft wieder attraktiv machen, meint Simon Schwamborn.
Bis vor wenigen Tagen habe ich in einer Wohnung unterm Dach gewohnt. Lebenspraktisch hieß das im letzten Sommer: Früh morgens lüften, danach die Rollläden herunterlassen, tagsüber in einer Dunkelkammer arbeiten und nachts kaltes Wasser über die Füße laufen lassen, um wenigstens ein paar Stunden Schlaf zu bekommen. Hört sich schrecklich an, war es auch. Aber ich vermute, ich werde nicht der einzige gewesen sein, dem es so oder ähnlich ergangen ist. Temperaturen knapp unter 40 Grad sind besonders in Städten kein Vergnügen. Dazu kommen unzählige Autos, viel Beton und natürlich jede Menge Menschen auf wenig Platz.
Das Leben in Deutschland ist attraktiv
In Deutschland haben noch nie so viele Menschen gewohnt wie heute, über 83 Millionen. Doch während Wohnraum und Mieten in den Ballungsgebieten Mangelware sind, blutet das Land besonders in Ostdeutschland aus. Einzelhandel, Schulen und Krankenhäuser ziehen hinterher, ein Teufelskreis, der die Entwicklungen noch verstärkt. Ich habe aus beruflichen Gründen in den letzten drei Jahren in deutschen Großstädten gewohnt, jetzt lebe ich – gegen den Trend – wieder auf dem Land. In diesen heißen Sommertagen merke ich, wie gut das tut. Im Sauerland, wo ich jetzt leben, waren es in den letzten Tagen immerhin sieben Grad weniger als im Rhein-Main Gebiet, wo ich vorher wohnte. Hier gibt es viel Wald, frischere Luft und weite Landschaften.
Nur noch raus aus der Stadt
Meine These: Der Klimawandel wird das Landleben in Zukunft wieder attraktiv machen. Die Lebensqualität der Großstädte wird besonders in den Sommermonaten stark leiden. Schon jetzt genügt ein Blick in den Süden. In Rom, Madrid oder Athen tummeln sich seit Jahrzehnten in den Sommermonaten höchstens ein paar „wagemutige“ Touristen in den Innenstädten. Wer kann, flüchtet ans Meer oder in die Berge. Auch die meisten Päpste verbrachten die Sommermonate bekanntlich seit dem 17. Jahrhundert lieber in „Castel Gandolfo“ als im heißen Rom. Erst Papst Franziskus verzichtete auf diesen Luxus.
Landleben ist besser als sein Image
Luxus ist das Stichwort. Möglicherweise wird eine Zweitwohnung im Sauerland, im Westerwald oder im Hunsrück der Luxus für eine privilegierte Einkommensklasse werden. Die Immobilienpreise werden dort wohl in den nächsten Jahren kräftig steigen. Ob das dem Land und den Menschen dort wirklich guttäte? Es kommt darauf an, endlich etwas gegen das Stadt-Land-Gefälle zu tun. Das hat nicht nur mit Arbeitsplätzen, sondern auch mit einem gewissen Image zu tun. Ich habe schon häufig mitbekommen, dass viele über die „Dörfler“ die Nase rümpfen. Die heißen Sommertage belehren auch mich selbst: Gegen den Trend leben – das kann echter Luxus sein.