KI meets Wahlurne

Am Sonntag ist die Neuwahl des Bundestages. Laut der Bundeswahlleiterin wird es am 23. Februar mindestens 59,2 Millionen wahlberechtigte Bürger:innen geben. Doch was wäre, wenn die Künstliche Intelligenz für diese wählen würde? Dieser spannenden Frage ist der Online-Spezialist Felix Beilharz in einem KI-Chatbot-Test nachgegangen. Und das Ergebnis überrascht.

Foto: KI-generiert von Adobe Firefly 3

Als Basis für die Befragung hat sich Felix Beilharz die 38 Fragen aus dem „Wahl-O-Mat“ (Link) der Bundeszentrale für Politische Bildung ausgewählt. Damit fütterte er alle großen KI-Chatbots. Nicht bei allen Chatbots war die Befragung allerdings technisch erfolgreich, wie bei der chinesischen KI Deep Seek oder bei Meta AI aus den USA. Aber bei ChatGPT, Copilot, Perplexity, Claude und Grok (X) funktionierte die Beantwortung der Fragen reibungslos, bei Gemini mit Einschränkungen.

KI würde mehrheitlich „eher links“ wählen

Bei der durchschnittlichen Auswertung aller sechs KI-Chatbots ergibt sich, dass die SPD zwar die meisten Erstplatzierungen hat, aber die Grünen wegen der höheren Anzahl an Zweitplatzierungen dennoch auf Platz 1 landen. Nach der SPD folgt auf Platz 3 dann Volt. Auf den weiteren Plätzen: 4. Die Linke, 5. BSW, 6. CDU/ CSU, 7. Freie Wähler, 8. FDP und 9. AfD.

Der Online-Spezialist Felix Beilharx zieht dieses Fazit: „Die Grünen liegen in der Gesamtwertung deutlich vorn; insgesamt wählen alle KIs eher links; sogar Elon Musks anti-woke KI Grok bevorzugt die Grünen und sieht FDP, CDU / CSU und AfD ganz hinten“ (Quelle: https://www.facebook.com/felixbeilharz.de vom 06.02.2025). Ergänzung des Autors: Nur bei Gemini landete die AfD nicht auf dem letzten Platz, allerdings bewertet der Google-Dienst viele Fragen „neutral“.

Wir brauchen ein KI-Sprachmodell aus Europa!

Das Ergebnis der KI-Chatbot-Test ist in einigen Punkten überraschend und stellt mehrere Fragen: 1. Welchen Einfluss haben die Algorithmen auf die Antworten der KI-Chatbots? 2. Werden sich nach der Amtsübernahme von US-Präsident Trump die amerikanischen KI-Konzerne ihren Einfluss auf die Algorithmen der Sprachmodelle ausbauen oder bestimmte Fragen und Themen blockieren? 3. Welchen Einfluss wird die aufstrebende chinesische KI DeepSeek zukünftig haben?

Im November 2024 hat das europäische Forschungsprojekt OpenGPT-X ein Sprachmodell für KI-Anwendungen veröffentlicht. Damit wurden die Grundlagen für die Erstellung eines europäischen KI Chatbots gelegt. Laut Süddeutsche Zeitung wurde „Teuken-7B“ (so der Modellname) „von Grund auf mit den 24 Amtssprachen der EU trainiert und umfasst sieben Milliarden Parameter.“ Das Modell soll den „Anforderungen europäischer Werte, Datenschutzstandards und sprachlicher Vielfalt gerecht werden“ und wird als Open-Source-Projekt weltweit bereitgestellt.

Fazit: Um der aktiven oder zukünftigen Einflussnahme von US- und chinesischen KI- Chatbots auf die Sprachmodelle etwas entgegenzusetzen, brauchen wir ein KI- Sprachmodell „Made in Europe“, welches mit offenen Codes und Quellenlisten auf Transparenz statt Konzerninteressen setzt. Und der Markt in der EU ist groß genug, damit das Sprachmodell ausreichend Relevanz und Nutzer:innenzahlen erreichen kann. Einen Versuch ist es wert!

Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)

P.S: Alle Ergebnisse des Test von Felix Beilharx - und ein Update zum Thema "DeepSeek" sind hier zu finden: https://felixbeilharz.de/bundestagswahl-ki