… und Papst Franziskus geht überraschend mit. Doch für die Umsetzung der Reformen sind weitere mutige Schritte – dezentral in den Diözesen und im Vatikan - notwendig!
(Vatikan, 27. Oktober) Heute ist die Weltsynode 2024 mit einem Festgottesdienst im Petersdom offiziell zu Ende gegangen. Am gestrigen Abend überraschte Papst Franziskus mit der Bekanntgabe, dass er auf das übliche „nachsynodale Schreiben“ verzichtet und stattdessen die Ergebnisse der Weltsynode - unverändert – anerkennt und kirchenrechtlich sofort in Kraft gesetzt hat. Damit lässt Franziskus die Türen für Reformen auf.
Im Vorfeld des gestrigen Abstimmungsmarathons der Weltsynoden – Delegierten (das Abschlussdokument umfasst 155 Absätze, die jeweils einzeln abgestimmt wurden) waren die Erwartungen an das Abschlussdokument bei vielen Beobachtern und Medienschaffenden nicht groß. Doch die am gestrigen 26. Oktober getroffenen Beschlüsse, die am morgigen Montag auch in deutscher Sprache erscheinen sollen, sind detaillierter und präziser als das Vorjahresdokument. Und es enthält die konkrete Aufforderung, dass in den Diözesen vor Ort die darauffolgenden Schritte eingeleitet werden sollen.
Auch wenn das Dokument mit dem Titel „Per una Chiesa sinodale: comunione, partecipazione, missione” („Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe, Mission“) aus deutscher (oder europäischer) Sicht an vielen Stellen nicht weit genug gehen, greift das Dokument dennoch auch grundliegende Probleme der katholischen Kirche auf.
Zu diesem Themen gehört neben der Machtfrage vor allem die Stellung der Frau in der Kirche. Hier besagt das Dokument, dass die Frage nach dem Diakonat der Frau „offen“ sei und noch weiter geprüft werden soll. Hier macht Papst Franziskus, anders als Papst Johannes Paul II., die Tür nicht final zu. Auf der anderen Seite gibt er auch keine konkreten Zu- oder Absagen, wahrscheinlich auch, weil der Punkt 60 des Dokuments nur knapp die 2/3 Mehrheit bekam und zu einem der großen Streitthemen der Weltsynode 2024 gehörte. Das dieses Thema in der Synode behandelt und jetzt auch im Abschlussdokument auftaucht, ist den Interventionen der Synoden-Delegierten zu verdanken. Denn ursprünglich sollte das Thema nur in der Arbeitsgruppe 5 behandelt werden. Aber hier behielten die Delegierten die Oberhand.
„Rückenwind für den synodalen Weg“
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing nahm als einer der fünf deutschen Bischöfe an der Weltsynode 2024 teil. In der Deutschen Botschaft am Heiligen Stuhl betonte er am 25. Oktober, dass die Beratungen in Rom „Rückenwind für den synodalen Weg“ in Deutschland seien.
ZdK-Vizepräsident Prof. Thoma Söding, der als theologischer Berater an der Weltsynode teilnahm, betonte nach dem Abschluss der Beratungen: „einen großen Schritt zu einer synodalen Kirche“ und ergänzt im Hinblick auf die synodalen Prozesse in Deutschland: „Wir sind im Prozess des Synodale-Kirche-Werdens an einer Stelle, an der wir sagen: Wir wollen gemeinsam beraten und entscheiden.“
Allerdings betonten Bätzing, Söding und Verbände wie der BDKJ in Stellungnahmen, dass die Weltsynode nur ein Einfang gewesen sein kann und weitere Schritte – vor Ort in den Diözesen und in Vatikan – folgen müssen. Insbesondere sollten jungen Menschen, die nur mit zwei Delegierten bei der Synode vertreten waren, stärker eingebunden werden, forderte BDKJ-Bundesvorsitzender Gregor Podschun.
Dokument lässt Interpretationsspielraum und schafft Freiräume
Ein Manko des Abschlussdokumentes ist: „Es lässt viel Interpretationsspielraum“, wie Prof. Thomas Söding (ZdK) betonte. Daher werde auch die von Papst Franziskus geforderten Umsetzungen in den Diözesen unterschiedlich ausfallen. Die kontinentalen oder nationalen Besonderheiten werden ein noch stärkeres Gewicht bekommen. Dies bietet aber auch die Chance, neue Wege national oder kontinental auszuprobieren, ohne dass ein eine Kirchenspaltung („Schisma“) drohe. Ein Stopp des „synodalen Prozesses“ aus dem Varikan ist daher – aus Sicht von ZdK – und DBK – Vertretern – nicht mehr möglch.
Das Vielfalt vor Ort dabei aber nicht die Einheit mit Rom gefährde, darauf hat Essens Bischof Franz-Josef Overbeck bereits vor der Synode bereits deutlich gemacht Start der Weltsynode: Essens Bischof Franz-Josef Overbeck spricht sich für "Einheit in Vielfalt" aus. Und dies wurde in Rom bestätigt, da Synoden-Teilnehmende berichteten, dass - anders als vor einem Jahr - die großen Kontroversen ausblieben und unterschiedliche Meinungen der Delegierten bzw. nationalen Bischofskonferenzen "ausgehalten" wurden. Dieses neue Form der Kommunikation wurde von Teilnehmenden und Beobachtern in Rom zuletzt oft hervorgehoben.
Fazit: Mut zu Veränderungen!
Die Beratungen beim „Synodalen Weg“ in Deutschland, die Kontinentalberatungen in Prag und die beiden Weltsynoden 2023 und 2024 in Rom haben gezeigt: Der Weg ist bereitet und die Tür ist offen. Jetzt muss sie aber auch mutig durchschritten und in den Diözesen in die Umsetzung gebracht werden.
Die uneingeschränkte Anerkennung des Abschlussdokumentes durch Papst Franziskus zeigt, dass der Heilige Vater weiterhin überraschen kann. Die bereits totgesagte Weltsynode hat mit einem kleinen Satz von Papst Franziskus neues Leben bekommen und sogar für leichte „Euphorie“ bei Delegierten und Beobachtern gesorgt. Die Entscheidung des Heiligen Vaters ist vor alle eine Würdigung des dreijährigen Prozesses, aber andererseits die Anerkennung, dass die Kirche ohne Veränderungen nicht bestehen kann. Zugleich wird die Synode – zusammen mit der vor kurzem erschienenen Enzyklika „Dilexit nos“ - bereits ein Teil des (theologischen) Vermächtnisses von Papst Franziskus sein.
Quellenhinweis (in italienischer Sprache): #synod24 – Documento Finale della Seconda Sessione della XVI Assemblea Generale Ordinaria del Sinodo dei Vescovi (2-27 ottobre 2024) “Per una Chiesa sinodale: comunione, partecipazione, missione” e Risultati delle Votazioni, 26.10.2024
In unserem Partnerportal www.explizit.net werden in den nächsten Tagen weitere Einordnungen der Ergebnisse der Weltsynode 2024 erscheinen:https://explizit.net/monatsthema/.
Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)
P.S.: Der Autor begleitete vom 25.-27. Oktober die Weltsynode 2024 vor Ort in Rom.