Im Europäischen Parlament wurde vor kurzem die Studie „Urheberrecht & Training generativer KI - technologische und rechtliche Grundlagen“ vorgestellt. Darin kommen ein Informatiker und ein Rechtswissenschaftlerin zu dem Ergebnis, dass das Training von Modellen Generativer KI rechtlich nicht vom „Text- und Data-Mining“ (TDM) abgedeckt und damit nicht mit deutschen und europäischen Urheberrecht vereinbar ist. Daher fordern DJV und EFJ einen Schutz vor der missbräuchlichen Verwendung journalistischer Inhalte in KI-Modellen und eine bessere Entlohnung von Journalist:innen, deren Stellen durch Künstliche Intelligenz massiv gefährdet sind, gefordert.
Die „Initiative Urheberrecht“ hat Prof. Dr. Tim W. Dornis (Universität Hannover) in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Sebastian Stober (Universität Magdeburg) mit einem Tandem-Gutachten zu den technologischen und rechtlichen Aspekten des Trainings generativer KI-Modelle beauftragt. Hintergrund ist, dass KI-Modelle ein umfangreiches Training auf der Grundlage riesiger Datenmengen benötigen, von denen viele urheberrechtlich geschützt sind. Diese Abhängigkeit von urheberrechtlich geschütztem Material führt dazu, sich KI-Entwickler:innen in den Vereinigten Staaten auf die „fair use defense“ nach section 107 des U.S. Copyright Act und KI-Entwickler:innen in Europa vor allem Artikel 4 Absatz 1 der DSM-Richtlinie berufen, der Nut-zungen urheberrechtlich geschützter Werke für „Text und Data Mining“ erlaubt. Genau hier setzt die Studie „Urheberrecht & Training generativer KI - technologische und rechtliche Grundlagen“ an und belegt, dass die Anwendung dieser Schranke nicht mit deutschen und europäischen Urheberrecht vereinbar ist.
Genau hier setzt die Studie „Urheberrecht & Training generativer KI - technologische und rechtliche Grundlagen“ an und belegt, dass die Anwendung der „TDM“- Schranke nicht mit deutschen und europäischen Urheberrecht vereinbar ist. Prof. Dornis und Prof. Stober untersuchen dabei nicht nur die missbräuchliche Verwendung journalistischer Inhalte zum Training von KI-Modellen, sondern auch dessen Auswirkungen auf den Journalismus und betonen:
„Vielmehr ist damit zu rechnen, dass die Ergebnisse genuin menschlicher Kreativität in vielen Berufsgruppen und Branchen – insbesondere im Bereich der journalistischen Berichterstattung, der Unterhaltung und der Herstellung von Alltagsprodukten – in erheblichem Umfang durch generativen KI-Output ersetzt und verdrängt werden.“
Trotzdem „verteufeln“ die beiden Autoren der Studie den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Journalismus nicht und betonen stattdessen:
„Es geht dabei nicht um die Verhinderung von KI-Innovationen, sondern um faire Wettbewerbsbedingungen und einen angemessenen Ausgleich für die verwerteten Ressourcen.“
DJV: „Diese Studie hat Sprengkraft“
„Diese Studie hat Sprengkraft, weil sie belegt, dass wir es hier mit einem groß angelegten Diebstahl am geistigen Eigentum zu tun haben. Nun liegt der Ball bei der Politik, daraus die nötigen Konsequenzen zu ziehen und dem Raubzug zu Lasten von Journalist:innen und anderen Urheber:innen endlich ein Ende zu setzen“, so Hanna Möllers, Justiziarin des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV) und Vertreterin des europäischen Dachverbands der Journalist:innen (EFJ).
DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster: "Wir brauchen saubere Anwendungen auf dem Markt und fordern daher den Gesetzgeber auf, eine Struktur zu schaffen, die einen fairen Ausgleich aller Interessen und Rechtssicherheit bietet. (…) Eine ,Green‘-KI muss unsere gesellschaftlichen Werte und Normen widerspiegeln und Rechtsverletzungen im Vorhinein vermeiden.“
Schutz des Journalismus trägt zum Schutz der Demokratie bei!
Die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland beruht darauf, dass Medien als „vierte Gewalt“ fungieren, indem Sie „einerseits über das Handeln des Staates und seiner Institutionen informieren und andererseits das staatliche Handeln durch ihre Berichterstattung kontrollieren“ (Bundeszentrale für politische Bildung). Diese Aufgabe ist aber in Gefahr, wenn Journalist:innen zunehmend durch Künstliche Intelligenz (deren Datenbanken-Quellen oft nicht belegt sind), ersetzt werden. Und dies geschieht laut der Studie von Prof. Dornis und Prof. Stober gerade dadurch, dass die KI-Modelle erst durch die rechtlich unzuläs-sige „Fütterung“ mit urheberrechtlich geschützten Inhalten von Journalist:innen – in der Regel auch ohne eine Entlohnung der Urheber:innen – die Möglichkeit erhalten, Journalist:innen zu ersetzen.
Daher hat der Verein publicatio e.V., welcher das Portal kath.de herausbringt, bereits im Frühjahr 2024 eine „Selbstverpflichtungserklärung“ verabschiedet, mit dem sich die Autor:innen und die Redakteur:innen verpflichten, „keine allein durch Künstliche Intelligenz generierten Inhalte zu veröffentlichen.“ In der Recherche und im Marketing sind der Einsatz von KI-Instrumente erlaubt, allerding „besonnen“ und es soll eine „transparente Kennzeichnung“ erfolgen.
Fazit: Eine „Verteuflung“ der Künstlichen Intelligenz wäre aber ebenso unangebracht, wie die unreflektierte Einführung von KI-Tools in Redaktionen und Verlagen, die durch den „Heilsbringer KI“ eine Rettung des bereits seit längerer Zeit angeschlagenen Medien- und Verlagswesens erhoffen. Stattdessen geht es um eine angemessene Vergütung für die Werke – die gut aus- und fortgebildete Journalist:innen - erstellen. „Da wäre ein neuer, ertragreicher Lizenzmarkt am Horizont, doch es fließen keine Vergütungen, während die Generative KI sich anschickt, diejenigen, von deren Inhalten sie lebt, in deren eigenem Markt zu ersetzen", betonte dazu Matthias Hornschuh, Sprecher der „Initiative Urheberrecht“.
Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)