Eine neue forsa-Umfrage der Landesanstalt für Medien NRW hat ergeben, dass 86 Prozent der Befragten der Aussage zustimmen: „Politische Desinformation bedroht unsere Demokratie“. Jede/r Vierte gab zudem an, dass die Ergebnisse der Europawahlen wohl durch Desinformation im Internet beeinflusst wurden. Die Gefahr von „fake news“ sehen dabei die jüngeren Befragten noch stärker als die Älteren. Daher sind jetzt auch Journalist:innen gefragt, dagegen anzugehen!
Es ist auffällig, dass trotz der Angst vor Manipulation das Internet weiterhin als die wichtigste Informationsquelle vor der Europawahl 2024 genutzt wurde. Eine weitere interessante Erkenntnis der Umfrage: Wie beim Autofahren schätzen die Befragten ihre eigenen Fähigkeiten, sich gegen „Fake News“ abzuschirmen besser ein: 89 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, „Ich habe Sorge, dass politische Desinformationskampagnen die Wahlentscheidung von anderen beeinflussen“. Wohingegen sich nur 43 Prozent sorgten, selbst darauf hereinzufallen zu können.
Rund 80 Prozent glauben, dass Desinformationen die Europawahl 2024 beeinflussten
Auch wenn die Befragten der forsa-Umfrage nur einen leichten Anstieg bei den real begegneten „politisch motivierten Desinformation im Internet“ angaben (17 % gegenüber 16 % im Vorjahr) wird die Gefahr von Manipulation und den negativen Einflüssen auf die Demokratie hoch eingeschätzt, vor allen bei den unter 25-jährigen Befragten (wo dies 84 % im Bezug zur Europawahl 2024 angegeben haben), aber auch in der Gesamtbevölkerung ist die Befürchtung da (79 %).
„Wie groß die Angst vor Desinformation und wie gering damit das Vertrauen in Medien sind, erschreckt bei unserer Umfrage. Aber es überrascht nicht. Wir haben inzwischen gelernt, dass nicht alles stimmt, was man im Internet an Informationen findet. (…)“, kommentiert Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, die vor zwei Tagen vorgestellte Umfrage.
Der Widerstand wächst!
Die aktuelle Umfrage der Landesanstalt für Medien NRW macht aber auch Mut. Denn die Zustim-mung der Befragten zu „Gegenmaßnahmen“ und die Bereitschaft, „fake news“ bei den Plattformen zu melden (19 % haben dies nach eigenen Angaben getan), ist gestiegen.
Welche „Gegenmaßnahmen“ werden befürwortet? Das Sperren von Absendern, die Desinformation verbreiten (54 %) und das rasche Löschen von Desinformation (53 %) erhalten die meiste Zustimmung. Außerdem gewinnen Fact-Checking-Seiten an Beliebtheit: 20 Prozent, denen Desin-formation im Internet schon begegnet ist, haben sie genutzt, um sie zu prüfen (2023: 17 %).
Was (unabhängiger) Journalismus gegen im Kampf gegen „fake news“ leisten kann!
In Zeiten von massenhaft KI-generierten „fake news“ kommt dem Journalismus eine immer größere Rolle zu und auch die Rolle der Journalist:innen wird sich wohl verändern. Die Bereiche Recherche und Überprüfung der Fakten einschließlich dessen Quellen sowie die Einordnung der News wird zu den wichtigsten Aufgaben gehören. Ebenso wie das Thema Datenjournalismus.
Da die User:innen das Internet immer stärker für den Fakten-Check nutzen, müssen die Websites und Social Media – Profile von Medien zu einer verlässlichen Informationsquelle werden, denen die User:innen (wieder) vertrauen. Dies gelingt vor allem durch die Förderung des Journalismus, als durch deren Rückbau. Anstelle von weiteren Kürzungen von Stellen in den (Social Media-) Redaktionen („das macht jetzt die KI“) benötigen wir gut ausgebildete und fair bezahlte Journa-list:innen, die sich mit Qualitätsjournalismus den „fake news“ entgegenstellen und in den Kom-mentarspalten von Websites und Social Media Manipulationsversuche aufdecken. Und wir brauchen (Redaktions-) Netzwerke und -Kooperationen, auch im kirchlichen Medienbereich, um gemeinsam Kräfte zu bündeln. Erobern wir uns die Meinungshoheit im Internet zurück!
Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)