In den letzten Tagen wurde viel über das Thema Ökumene geredet, da die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland kürzlich das gemeinsame Wort: „Mehr Sichtbarkeit in der Einheit und mehr Versöhnung in der Verschiedenheit – Zu den Chancen einer prozessorientierten Ökumene“ veröffentlicht haben. Der sperrige Titel zeigt, dass der Weg zur Ökumene ein Prozess ist, der noch länger dauern kann. Doch wie ist es um die Ökumene bestellt? Herrscht im gemeinsamen Boot Stillstand oder ist es nur ein Atemholen vor dem Sprung?
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Die beiden Kirchen formulieren in dem neuen Dokument gemeinsam: „Die Einheit soll sichtbarer und die Versöhnung erfahrbarer werden. Dieser Komparativ ist programmatisch. Er verweist auf das Konstruktionsprinzip des gesamten Papieres: Ziel und Weg gehören zusammen.“
Der Weg zur Ökumene ist zuweilen lang und steinig. Für manche Christ:innen geht es zu langsam zu. Es fehle der „frische Wind“, der der Ökumene in Deutschland wieder „Rückenwind“ gegen den „Gegenwind aus Rom“ gebe, hört man vor allem junge Stimmen immer öfter ausrufen.
„Wir sind in der Ökumene erst bei der Vorspeise.“
Unter dem Titel „Nur noch Ruhe und kein Sturm - Wer glaubt noch an die Ökumene?“ stand in der letzten Woche die Jahrestagung 2024 der Gesellschaft Katholischer Publizistinnen und Publizisten (GKP). In Augsburg diskutierten dabei am 14./15. März katholische Medienschaffende aus dem DACH-Raum mit Vertreter:innen verschiedener Kirchen über den Stand der Ökumene.
Prof. Dr. Johanna Rahner, Direktorin des Instituts für Ökumenische und Interreligiöse Forschung an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen, stellte dabei einen „Hang zur ökumenischen Selbstzufriedenheit“ fest. Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen, plädierte für eine „Ökumene der Herzen“ und Sr. Dr. Katharina Kluitmann OSF, Provinzoberin in den Niederlanden, führte zum Ziel der Ökumene aus: „Eins sein zu können, ohne alle das gleiche zu tun“.
Einig waren sich die Diskutant:innen in der Einschätzung, dass in der Ökumene noch einiges bevorstehe. Emmanuel von Christoupolis, Vikarbischof der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland bracht es passend auf den Punkt: „Wir sind in der Ökumene erst bei der Vorspeise.“
„Zwei Schritte nach vorne und einen zurück“
„Zwei Schritte nach vorne und einen zurück“, so kann man die jüngsten Entwicklungen in der Ökumene zwischen der evangelischen Kirche und der katholischen Kirche in Deutschland beschreiben. Denn einerseits ist das Verständnis für den Partner gestiegen und zuletzt blieben größere öffentliche Differenzen aus. Aber andererseits stellt sich die Frage, ob diese Entwicklung zum verständnisvollen Nebeneinanderleben ausreichend für die Ökumene im Jahr 2024 ist?
Hätte es nicht ein gemeinsames Wort gegen rechts und für Demokratie geben können?
Könnte nicht zukünftig auf getrennte Katholikentage und Kirchentage verzichtet und stattdessen gemeinsame ökumenische Kirchentage durchgeführt werden?
Und gerät bei Debatte um den Stand der Ökumene in Deutschland – so wichtig die Frage auch ist – nicht der interreligiöse Dialog aus dem Blick?
Diese und andere Fragen beschäftigen den Autor diese Kommentars schon länger und er fragt sich, wie der Ökumene in Deutschland Schwung und Rückenwind verliehen werden kann?
Vielleicht weniger durch „Kontaktarbeitskreise“ und „gemeinsame Worte“, sondern vielmehr, wenn die bereits bestehende ökumenische Zusammenarbeit vor Ort in den Blick genommen wird. Vielen Gläubigen ist es egal, ob an der Tür „evangelisch“ oder „katholisch“ steht. Vielmehr möchten die Menschen einen Ort finden, an dem sich Christ:innen gemeinsam versammeln und beten können. Und dies ganz ohne Verfahrensregeln und ohne eine Hausordnung. Just do it!
Fazit: Die Ökumene findet einen Weg… wir müssen es nur zulassen. Oder noch besser: Weggefährt:innen werden – wie Jesus bei seinem Gang mit den Jüngern nach Emmaus.
Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)