In der letzten Woche inthronisierte sich der amtierende US-Präsident Donald Trump beim Parteitag der Republikaner in Washington selber und wenn es nach der Sicht der Mehrheit religiöser und vieler konservativer Katholiken ginge, sollte Trump auch nach der Wahl im November weiterhin Chef im Weißen Haus bleiben. Die auf dem Vormarsch befindlichen Liberalen bevorzugen dabei eher den praktizierenden Katholiken Joe Biden als neuen Präsidenten. Auch bei den Evangelikalen, die bei der letzten US-Wahl Donald Trump noch mit ins Amt hievten, bröckelt die Unterstützung. Trotzdem können religiöse Wähler bei den US-Wahlen 2020 (wieder) das Zünglein an der Waage darstellen.
Katholiken stimmen mit dem Sieger
Wahlforscher in den USA haben herausgefunden, dass die Katholiken tendenziell „mit dem Sieger“ stimmen und „die katholische Wählerschaft geteilt ist“, wie Bernd Tenhage in der Zeitung „Neues-Ruhrwort“ am 29. August betonte. Daher stehen die katholischen Wähler bei der US-Wahl 2020 besonders im Fokus. Und umso argwöhnischer wurde der Auftritt des New Yorker Kardinals Timothy Dolan beim „Krönungsparteitag“ von Donald Trump bewertet. Kritiker werfen Dolan vor, dass er „katholische Stimmen“ für den US-Präsidenten einwerben will – im Gegenzug für eine groß-zügige finanzielle Unterstützung der US-Administration für die Kirchen während der Corona-Pandemie.
Die US-Bischofskonferenz und viele liberale Katholiken haben dagegen ein „gespaltenes Verhältnis“ zum US-Präsidenten. Besonders bei der Flüchtlingsfrage und der „Black Lives Matter“ – Anti-Rassismus – Kampagne positionierten sich katholische Bischöfe - wie beispielsweise - Bischof Mark Seitz und Erzbischof Wilton Gregory - mit klaren und scharfen Worten („entsetzlich“, „unmensch-lich“, „gegen amerikanische und christliche Werte“) gegen die Linie Trumps. Auch beim Klima-schutz, der Wiederaufnahme von Hinrichtungen und dem Lieblingsprojekt des amtierenden US-Präsidenten, dem Mauerbau zu Mexiko, hielten die Bischöfe dagegen. Diese sei „ein Symbol der Spaltung und der Feindseligkeit“, betonten die Bischöfe und bekamen dabei Rückendeckung von Papst Franziskus.
Bei Abtreibungsfrage punktet Trump
Doch auch die US-Bischöfe scheinen – wie alle Katholiken des Landes – in der Präsidentschaftsfrage gespalten. Kritik auf der einen Seite und Zustimmung auf der anderen. Besonders in der Abtrei-bungsfrage „punktet“ Trump bei den Bischöfen, wie Bernd Tenhage in seinem Artikel „Wir brau-chen Sie mehr als je zuvor“ betont. Donald Trump unterstützt die „Pro-Life“-Bewegung „ohne Wenn und Aber“. Joe Biden – praktizierender Katholik – lehnt Abtreibung ebenfalls ab. Als Präsi-dent will er aber – ebenso wie die Demokraten – Abtreibungen nicht politisch einschränken.
Was machen die Evangelikalen?
Bis vor kurzem konnte sich Donald Trump noch sicher sein, die Unterstützung der Mehrheit der Evangelikalen auf seiner Seite zu haben. Doch wie Marc Pitzke bei SPIEGEL.de am 27. August im Artikel „Trumps falscher Prophet“ berichtet, bröckelt dieser Rückhalt. Die Ursache ist sehr irdisch: Ein Sex-Skandal um Jerry Falwell Jr., der als „wichtigster Verbindungsmann des US-Präsidenten zur christlichen Basis“ galt. Bis vor kur-zem war Falwell Präsident der Liberty University, die zu den größten evangelikalen US-Hochschulen gehört und hat bei den wichtigen konservativen Wählern für die Unterstützung Trumps geworben. Doch ob diese Unterstützung hält ist nun wieder fraglich. Nicht zuletzt deshalb „posierte“ wohl auch Trump mit einer Bibel in der Hand vor einer Kirche in Washington.
Religiöse Wähler sind die „Königsmacher“
US-Präsident Donald Trump hat die US-Wahlen 2020 zur „Schicksalswahl“ ausgerufen und versucht gerade alles, um sich gegen den liberalen Katholiken Joe Biden als „Hardliner“ zu positionieren. Gerade auch die religiösen und stark konservativen Wähler hatten Trump 2016 zum Erfolg geführt. Und gerade diese sind es, die besonders im Netz und TV die Trommel für Trump rühren. Obwohl die liberalen Katholiken – laut Beobachtern – im Vormarsch sind, ist ihre Stimme im Netz eher ruhig.
Dies gilt auch für die Mehrheit der US-Bischöfe die sich laut Untersuchung von Thomas Reese zwi-schen Januar 2019 und Juli 2020 bei der Auswertung von 160 Pressemitteilungen „rechts von der Mitte“ positionierten. Ähnlich wie in Deutschland, wo konservative Bischöfe / Laien die liberalen und progressiven Stimmen (z.B. beim „Synodalen Weg“) bisher mehrmals medial „übertönt“ ha-ben, spricht die US-Bischofskonferenz zwar bewundernswert kritisch aber insgesamt zu leise und droht bei daher bei den lautstarken konservativen und religiösen Stimmen „unterzugehen“.
Die Uneinigkeit der US-Bischöfe spiegelt einerseits die Spaltung der katholischen Wähler exakt wi-der und verstärkt diese andererseits auch noch. Denn es fehlen klare Wortführer bei Laien und Bischöfen, hinter denen sich die Katholiken versammeln können. Gerade außerhalb der liberalen Hochburgen an der Ost- und Westküste der USA. Auch hier ist eine interessante Parallele zur Situa-tion der katholischen Kirche in Deutschland zu sehen. Entschieden wurde die US-Wahl 2016 auf dem Land, bei den religiösen und konservativen Wählern. Denn diese sind auch 2020 wieder die „Königsmacher“.
Daher ist es gerade jetzt wichtig die Stimme zu erheben!
Es geht darum Flagge zu zeigen gegen den Versuch, unter dem Deckmantel von Religions- und Mei-nungsfreiheit, religiöse und politische Werte wie Gleichheit, Freiheit und Demokratie einzuschrän-ken. In den USA und in Deutschland!
Denn wenn es einer kleinen Minderheit von Rechtspopulisten und Rechtsextremen (fast) gelingt den Reichstag in Berlin zu stürmen, dann braucht es die Geschlossenheit und das lautstarke Auftre-ten der demokratischen Mehrheit des Landes „gegen die Drachen unserer Zeit“, wie es der Heilige Georg der Legende nach in Silena getan hat. Und in den USA braucht es den Zusammenschluss von liberalen und demokratischen Kräfte – nicht nur in der katholischen Wählerschaft. Wenn die zah-lenmäßig größte Demokratie der Welt wankt, gerät auch in Europa die Demokratie ins Wanken. Zwar sinkt nach einer jüngst veröffentlichten Studie die Zustimmung der Deutschen zu populisti-schen Aussagen wieder - zurücklehnen dürfen wir uns jetzt aber nicht. Daher: Währt den Anfängen und erhebt die Stimme!