„The New Pope“ – Der etwas andere Fernsehtipp zu Ostern

Wenn der junge Papst mit dem neuen Papst redet, bricht Oscar-Preisträger Paolo Sorrentino sogar sein Gesetz der kurzen Dialoge und schnellen Bilder. „The New Pope“ überzeichnet Franziskus als autoritären Herrscher einer „Armen-Diktatur“ und geht mit satirischen Mitteln an die Grenzen des Aushaltbaren – gerade für katholische Gläubige. Eine Serien-Kritik von Christian Schnaubelt.


John Malkovich – „The New Pope“ in Paolo Sorrentinos gleichnamiger Serie

An Ostern blickt die katholische Welt nach Rom und auf Papst Franziskus. Denn das Papsttum ist nicht nur der religiöse Orientierungspunkt für über eine Milliarde Katholikinnen und Katholiken weltweit. Es ist auch regelmäßig Stoff für neue Filme, zuletzt „The Two Popes“ (dt. Die zwei Päpste). Derzeit läuft die Fernsehserie „The New Pope“ (dt. Der neue Papst) – in Deutschland beim Bezahlsender Sky.

Gefühlter „Ritterschlag“ aus dem Vatikan

Bereits der erste Teil der von HBO und Sky produzierten Serie – unter dem Titel „The Young Pope“ – war für den Vatikan vor vier Jahren „harte Kost“. Jude Law als rauchender amerikanischer Papst, der alle Regeln des Anstands und vorheriger Päpste über Bord wirft und von seinen Schäfchen absolute Treue zu Gott einfordert. Auch wenn am Ende der ersten Staffel die Gläubigen mit dem „jungen Papst“ wieder vereint sind, war der Skandal groß und der Vatikan schockiert. Erst ein Jahr nach Erscheinen rang sich der altehrwürdige „L’Osservatore Romano“ zu einer Kritik durch.

Die Kritik aus dem Vatikan dürfte sich für den italienischen Regisseur und Autor der neuen Serie, Paolo Sorrentino, wie ein „Ritterschlag“ angefühlt haben. Aber hält die Serie – außer der Ankündigung, die Satire bis an ihre Grenzen auszuloten – auch, was sie mit ihren skandalträchtigen Bildern verspricht?

Kurz zur Story – Achtung Spoiler: Die erste Staffel von „The Young Pope“ endet damit, dass Lenny Belardo alias Papst Pius XIII. bei einer Rede in Venedig zusammenbricht. Der Beginn der zweiten Staffel – jetzt als „The New Pope“ betitelt – schließt dort an. Jude Law als Papst liegt im Koma – hinter ihm leuchtet ein Neon-Kreuz. Seine Anhänger warten auf dem Platz und lauschen per Radioübertragung seinem Atem.

Franziskus' II. „Armen-Diktatur“

Damit es wieder einen amtierenden Träger des Fischerrings Petri gibt, wählt das Konklave einen Außenseiter – Franziskus II. – zum Papst. Der Klerus glaubt, ihn „im Griff“ zu haben. Doch welch ein Irrtum, als der Nobody eine „Armen-Diktatur“ auf der Grundlage des Heiligen Franziskus im Vatikan aufbaut. Das geht nicht lange gut und somit ist man erneut auf der Suche nach einem Stellvertreter Christi auf Erden. Die Wahl fällt auf einen extravaganten englischen Kleriker, Kardinal Sir John Brannox, beeindruckend gespielt von John Malkovich, der nach dem kürzesten Konklave der Geschichte als Johannes Paul III. genau das Gegenteil von Pius XIII. zu sein scheint. Doch auch er ist nicht ohne Makel…

Das F.A.Z.-Feuilleton schreibt zu „The New Pope“ folgendes Fazit: „Und Sorrentino gelingt doch wieder das Kunststück, das Papsttum als obszönen Zirkus voller Dekadenz, Machtbesessenheit, Prunklust und spiritueller Armut zu inszenieren – und eine zärtliche Sehnsucht nach dem Göttlichen mitschwingen zu lassen.“

Modernisierung oder Festhalten an Traditionen und Riten?

Genauer dieser Spagat aus grotesk überzeichneten und für viele Katholiken sicherlich blasphemischer „Pop-Religion“ auf der einen und den fast ehrfürchtig zelebrierten Gebets- und Glaubensszenen der Massen auf der anderen Seite prägt die Serien. Dessen zweiter Teil ist dabei deutlich politischer als der erste.

Denn wenn man die opulent inszenierten und übersteigerten Darstellungen des Kleruslebens im Vatikan (samt „Bunga Bunga“-Partys, Sex und tanzenden Nonnen vor Neonkreuzen) einmal abzieht, bleibt als zentrale Frage der Serie: Wie sollen sich Kirche und Papsttum zukünftig entwickeln? Modernisierung oder Festhalten an Traditionen und Riten? Fragen, die auch den „echten“ Papst Franziskus und viele Gläubige derzeit stark bewegen.

Intrigen – fast wie bei „House of Cards“

Für den Kritiker ist „The New Pope“ – wie die Vorgängerserie – aus einem ganz anderen Grund „sehenswert“: Wegen der politischen Intrigen und Spiele, die der bekannten Fernsehserie „House of Cards“ locker das Wasser reichen kann. Hauptfiguren sind hierbei nicht die drei Päpste dieser Serie, sondern ist vielmehr Kardinalstaatssekretär Voiello – erneut grandios gespielt von Silvio Orlando.

Für die Dialoge von ihm mit Jung-Papst (Jude Law) oder Neu-Papst (John Malkovich) bricht Oscar-Preisträger Paolo Sorrentino sogar sein eigenes Gesetz der schnellen Bilder und kurzen Dialoge. Die Serie lässt hier erstaunlicherweise Zeit für lange Szenen und intensive Dialoge. Auch aktuelle Einflüsse, wie den Einsatz von Papst Franziskus für die Armen und gegen weltliche Güter des Klerus, greift Sorrentino geschickt auf und überzeichnet sie im Bild einer „Armen-Diktatur“.

Satire mit Funken theologischer Wahrheit

„The New Pope“ ist – mehr noch als sein Vorgänger – womöglich bisweilen „harte Kost“ für viele Katholiken. Aber ist es nicht Aufgabe von Satire, den Betrachter an seine Grenzen zu bringen – und bei dieser Serie wohl auch teilweise darüber hinaus –, um damit neue Sichtweisen aufzuzeigen?

Denn eines wird trotz Sorrentions bewusst am Rande des Skandals betriebenen Überzeichnung dennoch deutlich: Ohne Glauben sind die Gläubigen verloren – und ohne die Gläubigen ist es wohl auch das Papsttum.

Die Serie „The New Pope“ ist derzeit beim Fernsehsender „Sky“ zu sehen https://www.sky.de/serien/the-new-pope-176656.