Pfingsten wird als der „Geburtstag der Kirche“ bezeichnet. Ein Geschenk für die katholische Kirche ist kurz vor Pfingsten (24. Mai 2015) vor zehn Jahren erschienen: die Enzyklika „Laudato si’“. Die Verlautbarung „Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ wird als wichtiger Beitrag für den globalen Umwelt- und Klimaschutz sowie als eines der Vermächtnisse von Papst Franziskus bezeichnet, das gleichzeitig auch ein Auftrag für Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit ist.

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Mit der „Laudato si‘“ betrat Franziskus vor zehn Jahren doppeltes Neuland. Denn einerseits widmete ein Papst erstmals ein Lehrschreiben den Themen Umweltschutz, Klimawandel und soziale Gerechtigkeit. Und andererseits richtete Franziskus seine Botschaft ausdrücklich an alle Menschen – nicht nur an Katholik:innen – und verband dabei ökologische Fragen mit der Kernbotschaft seines Pontifikates: der „Option für die Armen“ (Franziskus). Die Portale kath.de und explizit.net beleuchten daher die Frage: Was bleibt nach einer Dekade „Laudato si‘“?
In der Enzyklika begründete Papst Franziskus eindringlich, warum die ökologische Krise eine moralische Krise ist. So mahnte der Pontifex: „Die dringende Herausforderung, unser gemeinsames Haus zu schützen, (…) schließt die Sorge ein, die gesamte Menschheitsfamilie in der Suche nach einer nachhaltigen und ganzheitlichen Entwicklung zu vereinen“ (Laudato si’, Nr. 13). Mit eindringlichen Bildern prangert Franziskus Umweltzerstörung und Wegwerfkultur an: „Unser gemeinsames Haus (…) scheint sich immer mehr in eine unermessliche Mülldeponie zu verwandeln“ (LS 21). Den Klimawandel beschreibt der Papst als eine der größten Herausforderungen für die Menschheit: „Das Klima ist ein gemeinschaftliches Gut von allen und für alle“ (LS 23). Mit „Laudato si‘“ rief Papst Franziskus auch zu einer umfassenden „ökologischen Umkehr“ auf.
„Weckruf“ mit moralischem Gewicht
Weltweit stieß die Enzyklika auf große (mediale) Resonanz. Klimaexperte Prof. Hans Joachim Schellnhuber bezeichnete diese als „Gamechanger“ für die Klimadebatte und als „Weckruf mit großem moralischem Gewicht“. Auch politisch trug „Laudato si‘“ Früchte, weil das päpstliche Schreiben vor der Verabschiedung der UN-Agenda 2030 (September 2015) und dem Weltklimavertrag von Paris (Dezember 2015) erschien. „Ganz sicher hat Laudato si’ die UN-Agenda 2030 erheblich beeinflusst“, betonte die frühere Umweltministerin Barbara Hendricks, „der Geist der Enzyklika findet sich in allen Zielen – explizit in SDG 1 (Armut) und SDG 13 (Klimaschutz)“.
„Die Enzyklika löste aber auch (innerkirchliche) Kontroversen aus, da Franziskus – anders als sein Vorgänger Benedikt XVI. – Klimaskeptikern wie dem australischen Kardinal George Pell mit „Laudato si‘“ den Boden entzogen hat“, wie Prof. Ottmar Edenhofer betonte.
Was bleibt nach 10 Jahren „Laudato si‘“?
Umwelt- und Klimathemen sind seit dem Erscheinen der Verlautbarung „Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ fester Bestandteil kirchlicher Verkündigungen und Initiativen geworden, auch in Deutschland. Papst Franziskus hat zudem Bewegungen wie „Fridays for Future“ Rückenwind und dem Einsatz für die Schöpfungsverantwortung eine moralische Begründung geliefert.
Papst Franziskus hat in seiner Enzyklika „Laudato si‘“ 2015 dazu aufgerufen, die Themen Umwelt- und Klimaschutz sowie soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt zu stellen. Heute – zehn Jahre später – hat das Anliegen nicht an Aktualität verloren. Dies belegt eine Initiative des katholischen Hilfswerk missio Aachen, welches mit einem „Recycling Kreuz“ (10 Jahre Enzyklika Laudato si‘: „Recycling Kreuz“ als Mahnmal) ein „Mahnmal gegen moderne Sklaverei“ sowie „für die Verantwortung für Mensch, Umwelt und eine gerechtere Weltwirtschaft“ setzen möchte.
Denn die Umsetzung der Maßnahmen für den Umwelt- und Klimaschutz, die im Weltklimavertrag von Paris 2015 festgelegt worden sind, stockt. „Der Klimaschutz ist das größte Marktversagen in unserer Menschheitsgeschichte“, mahnte der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer SCJ, Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz. Auch Papst Franziskus schien diese These zu teilen. 2023 bekräftigte der Pontifex mit dem Schreiben „Laudate Deum“ die Aussagen von „Laudato si’“. Franziskus beklagte darin „mangelnde Fortschritte“ und rief erneut zu „entschlossenem Handeln“ auf.
Fazit: Weckruf für die Bewahrung der Schöpfung
„Seit dem Erscheinen von ‚Humanae vitae‘ 1968 hat kein päpstliches Schreiben derart stark und nachhaltig die gesellschaftliche und innerkirchliche Debatte angeregt wie die Enzyklika ‚Laudato si‘“, sagte der Theologe und Sozialethiker Prof. Martin Schneider.
Und auch der Autor dieses Kommentars meint: Papst Franziskus hat der Schöpfungsverantwortung – als unverrückbarem Bestandteil kirchlicher Lehre – eine Priorität eingeräumt, die – wie bei der Ausrichtung auf eine „synodalere Kirche“ – derzeit innerkirchlich als kaum umkehrbar gilt. Denn die „Sorge um das gemeinsame Haus“ ist und bleibt Kernaufgabe der (kath.) Kirche. Zumal Papst Leo XIV. in seinen ersten Reden angedeutet hat, den Kurs seines Vorgängers Papst Franziskus in sozialen Fragen fortsetzen zu wollen, und dies wird wahrscheinlich auch die Frage nach der Schöpfungsverantwortung miteinbeziehen.
„Laudato si‘“ war ein Weckruf für die Bewahrung der Schöpfung, der als eines der wichtigsten Vermächtnisse des Pontifexes „fast vom anderen Ende der Welt“ (Franziskus) angesehen werden kann. Gleichzeitig ist die vor zehn Jahren erschienene Enzyklika auch ein Auftrag – nicht nur für Katholik:innen – Klima- und Umweltschutz sowie soziale Gerechtigkeit mehr zu priorisieren!
Lesetipp: 10 Jahre Enzyklika "Laudato si'" von Papst Franziskus
Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)